Wien nach dem Krieg

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anna67 Avatar

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Stella ist Jüdin und flieht während des Zweiten Weltkriegs nach London. Durch diese Flucht kann sie den schlimmsten Konsequenzen des Krieges entkommen. Ihrer Familie jedoch bleibt dieses Schicksal verwehrt – alle Angehörigen werden in Konzentrationslagern ermordet. Nach Kriegsende kehrt Stella nach Wien zurück, eine Stadt, die in Trümmern liegt.

Sie nimmt eine Stelle als Lehrerin für Deutsch und Englisch an. Doch die Rückkehr in den Berufsalltag ist alles andere als einfach. Stella liebt Literatur, insbesondere jene Bücher, die während des Krieges verboten waren. Ihre Leidenschaft für Bildung und Kultur steht im Kontrast zur Realität: Viele Lehrkräfte haben ihre nationalsozialistische Gesinnung nicht abgelegt, was die Situation zusätzlich erschwert.

Stella ist innerlich zerrissen – sie schwankt zwischen der schmerzhaften Vergangenheit und der Gegenwart. Obwohl ihr einige Menschen wohlgesonnen sind, begegnet sie vielen Widerständen und Unverständnis. Hier liegt für mich auch der größte Schwachpunkt des Buches: Die inneren Konflikte, Erinnerungen und emotionalen Belastungen werden meiner Meinung nach zu oberflächlich behandelt. Ich hatte mir eine tiefere, empathischere Auseinandersetzung mit Stellas Gefühlswelt gewünscht.

Dennoch bin ich nicht enttäuscht. Der Roman lässt sich flüssig lesen, die Hauptfiguren wirken sympathisch, und insbesondere Stellas Engagement für die Pädagogik finde ich sehr gelungen. Das zentrale Thema – die Verarbeitung der NS-Zeit – bleibt leider zu knapp, obwohl es von so großer Bedeutung ist.

Insgesamt schwanke ich zwischen drei und vier Sternen, entscheide mich aber für vier Sterne, da der Erzählstil überzeugend ist und das Buch trotz Schwächen eine wichtige Geschichte erzählt.