Junge Frau fasst Fuss in der Medienwelt

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evaczyk Avatar

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Als ich "Die Unbestechliche" von Maria von Walser und Waltraud Horbas las, hatte ich mir ein Buch erwartet, in dem es auch um die Auseinandersetzung mit Frauen im Journalismus, Frauenbewegung und emanzipatorische Ansprüche ging. Das Buch, das zumindest teilweise auf den journalistischen Erinnerungen von Maria von Walser beruht, wirkte auf mich dann allerdings mehr wie ein belletristischer Frauenroman, mehr Chick Lit als Auseinandersetzung mit einer Zeit, in der Frauen in der Medienwelt eher die Ausnahme als die Regel waren und in den Redaktionen vermutlich noch deutlich mehr Macho-Sprüche und Haltungen verbreitet waren, als ich sie 20 Jahre später erlebte - und da war auch noch genug vorhanden.

Gerade weil ich von Walser aus ihren Sendungen durchaus kämpferisch wahrgenommen habe, bin ich von diesem Buch ein bißchen enttäuscht. Das private Leben der halbfiktiven Protagonistin überlagert das Geschehen, der Arbeitsalltag ist von einer gewissen Beliebigkeit und auch die Vernetzung mit anderen Frauen irgendwie mehr im Bereich von Frauenfreundschaft als im Zusammenschluss gegen eine von Männern dominierte Redaktion, in der Frauen klein gehalten oder auf "Frauenthemen" begrenzt bleiben.

Klar, das Zeitgeschehen schimmert durch, gerade in Abschnitten, in denen auf historische Bezüge wie die Studentenbewegung, Olympia 1972 mit dem Terrorangriff auf die israelischen Sportler usw eingegangen wird. Doch es bleibt eine gewisse plaudernde Beliebigkeit. Mag sein, dass Leserinnen, die überhaupt nichts mit Journalismus zu tun haben und eine Frauenbiografie lesen wollen, dieses Buch ganz anders aufnehmen. Es ist nett zu lesen, es gibt durchaus eine Ahnung von den Schwierigkeiten, die Frauen in den späten 1960-ern und 70-ern hatten, beruflich Karriere zu machen, ja überhaupt berufstätig zu sein - vor allem, wenn sie obendrein Kinder hatten. Als Zeit- und Zeitungsgeschichte ist mir dieses Buch allerdings zu allgemein und wenig zugespitzt geblieben.