Die richtigen Worte ...

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Inhalt
Grace Adams verlässt ihr Auto, das im Stau steht und macht sich auf den Weg. Es war kein guter Monat; ihr Mann Ben hat sie verlassen, ihre Tochter Lotte, die an diesem Tag sechzehn wird, will sie nicht mehr sehen. Aber Grace ist sich sicher, der Kuchen, den sie bestellt hat, wird Lotte zum Lachen bringen und ihre Beziehung kitten. Nur scheint das Schicksal verhindern zu wollen, dass Grace den Kuchen heil zu Lotte bringen kann. Dabei hat alles so schön angefangen, sie und Ben, Liebe auf den ersten Blick und überraschend Eltern geworden. Der Alltag, der Grace stärker fordert, besonders, als jemand heiße Liebesbriefe an ihre Tochter schreibt, die die Schule schwänzt. Ist es gar ein Lehrer?


Meinung
Es handelt sich um eine eher deprimierende Story, auch wenn Cover und Klappentext etwas anderes vermitteln wollen. Grace’ anstrengende Reise zu ihrer Tochter, immer darin bestrebt, den Kuchen heil zu ihr zu bringen, ist nicht humorig. Denn die Mitvierzigerin denkt währenddessen an ihr Leben zurück. Daher erzählt sich die Geschichte auch in mehreren Zeitebenen, einmal in der Jetztzeit und dann immer mit kurzen Sprüngen in der Vergangenheit, was stete Konzentration vom Leser verlangt.
Grace ist linguistisch extrem begabt und gewinnt etliche Wettbewerbe. Sie wird für eine Fernsehshow engagiert, bis sie Ben kennenlernt. Es ist Liebe auf den ersten Blick, die schüchterne Grace, die nie Kinder haben wollte, findet in ihm eine Art Seelenverwandten. Da sie nicht verhüten, kündigt sich rasch Nachwuchs an.
Lotte ist nun fünfzehn und schwänzt oft die Schule, obwohl sie ihrer Mutter vorschwindelt, sie gehe hin. Grace findet in der Hosentasche ihrer Tochter eine Nachricht, die einen sexuellen Hintergrund vermuten lässt. Doch sie kommt an den Teenager nicht heran und verliert sie immer mehr. Und dann hat sie einen Verdacht, der schlimmer nicht sein könnte. Aber aus irgendeinem Grund schafft sie es nicht, das alles zu kommunizieren, sie, die sogar Preise gewonnen hat.
Zwischen den Zeilen ist auch das Leben der heutigen Frauen herauszulesen. Die Biografie von Grace hat sich durch die Geburt ihrer Tochter stärker verändert als die ihres Mannes. Sie verlor ihren gutbezahlten Fernsehjob und macht inzwischen nur schlecht bezahlte Übersetzungen. Ben dagegen konnte Kontakte knüpfen und aufsteigen, sie weiß kaum, wie sie allein die Rechnungen bezahlen soll, er bekommt eine leitende Position. Dann ist da der Typ, der sich an ihre Tochter heranmacht und ihr die große Liebe vorschwindelt – und das mit System. Das alles ist gut gemacht und spricht sicher eine Menge Leserinnen an, besonders, wenn diese im gleichen Alter sind wie Grace. Grace wird aber leider nur sympathisch durch ihre strikte und unbeirrbare Liebe zu ihrer Tochter, für die sie einiges auf sich nimmt. Aber sonst ist sie eine recht weinerliche Person, die offenbar nie gelernt hat, für sich und ihre Rechte zu kämpfen, ja nicht einmal, den Mund aufzumachen. Es wird alles immer schlimmer, bis irgendwann klar wird, warum sie diesen Kuchentrip angetreten hat: sie hat einen Nervenzusammenbruch.
Gegen Ende wird es dann leider so richtig abstrus, als eine neue Vergangenheitsgeschichte auftaucht, die so wirkt, als sie der Autorin mitten beim Schreiben noch rasch eingefallen und alles Bisherige toppt. Das war leider zu viel für mich, ich habe das Ende nur noch quergelesen. Ob dieser Roman gemocht werden will, liegt im Auge des Betrachters. Es gibt sehr interessante und ansprechende Elemente, die gelungen herausgearbeitet wurden. Aber das meiste wirkt leider viel zu überzeichnet und da zudem die Motivation fürs Schweigen fehlt und am Ende das Hanebüchene dazukommt, war diese Geschichte leider nicht mein Fall.