Ein Tag für die Tonne

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Was mit einem Liedtext von „Wir sind Helden“ beworben wird, ist die Geschichte einer Frau, die vom Leben vor Herausforderungen gestellt wird, um nicht zu sagen gezeichnet ist.

Fran Littlewoods Geschichte erzählt von Grace Adams: Die steht kurz vor der Implosion, denn auf dem Weg zur Abholung der sagenhaft teuren Geburtstagstorte für ihre 16-jährige Tochter Lotte ist es zu heiß und sie steckt im Stau fest. Das geht nun gar nicht, denn die Torte ist Teil von Graces Plan zur Rückeroberung ihrer Familie. Die ist in Gestalt von Graces Mann Ben und Tochter Lotte nämlich aus dem Familienheim ausgezogen und Grace von Lotte zu deren Geburtstag ausgeladen. Nicht mit Grace … sie steigt aus und geht zu Fuß, nur um obendrein noch ihre Kündigung zu bekommen – am Telefon. Doch Grace ist nicht gewillt, sich unterkriegen zu lassen …

Alles beginnt mit einem Tag für die Tonne, doch das ganze Drama um Grace‘ Leben enthüllt sich dem Leser erst im Verlauf der Geschichte, die bis auf den anfänglichen „Ausraster“ Graces eher langsam in Fahrt kommt. Weitgehend geschieht dies in Rückblenden, sodass man mehrere Zeitebenen in der Geschichte hat. Zentral für Grace und die Familie war ein Verlust, einen großen Raum nimmt auch das Mutter-Tochter-Verhältnis ein (bei Teenies und Müttern in den Wechseljahren ein durchaus ergiebiges Thema). Grace wird als talentierte Frau dargestellt, die jedoch auch ihre Schwächen und Ängste hat – wie jeder Mensch, was sie authentisch macht. Dazu tragen auch ihre Schilderungen ihrer Erlebnisse, Gefühle usw. bei – die sind teilweise frappierend ehrlich (und dadurch manchmal auch ein wenig – nun ja – schräg). Grace ist eine Frau, die sich nicht einfach die Butter vom Brot kratzen lässt und insofern trifft der anfänglich erwähnte Text von „Wir sind Helden“ wirklich gut, Grace will ihr Leben zurück und dafür setzt sie viele Hebel in Bewegung. Insgesamt wirkt das Geschehen alltäglich, aber auch erschütternd, mal traurig, mal zum Piepen. Ähnlich ist es mit Littlewoods Schreibstil, der nicht immer leicht lesbar ist, denn sie springt manchmal geradezu durch die Handlung und verwendet gern eine recht sprechend-plastische Ausdrucksweise, dafür muss man ggf. in der richtigen Stimmung sein. Grundsätzlich liegen mir Geschichten mit mehreren Zeitebenen, auch dass Grace und Ben Sprachwissenschaftler sind, passte zu meiner Interessenlage – lediglich bei der Wechseljahrs- und Teenie-Tochter-Thematik war ich etwas raus. Nicht hundertprozentig runde, aber bei passender Interessenlage und wenn man die „sprunghafte Erzählweise“ mag, recht unterhaltsame Geschichte.