"Jeder von uns ahnte, hierfür gibt's kein Wort"

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justm. Avatar

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Lange wußte ich beim Lesen nicht, was mir dieses Buch eigentlich erzählen will: Ja, Protagonistin Grace ist unglaublich - und das in vielerlei Hinsicht. Unglaublich verrückt, durchgeknallt, aber auch smart und hart im Nehmen.

Eine Weile befürchtete ich auch, daß Autorin Fran Littlewood einen Menopausen-Roman geschrieben hat, aber das wäre gleichzeitig eine zu "einfache" Erklärung für das Verhalten ihrer Hauptfigur und auf der anderen Seite dermaßen klischeebeladen gewesen, daß, wenn es an dem gewesen wäre, ich meine Bewertung sehr viel weiter unten angesetzt hätte.

Nein, letztlich ist "Die unglaubliche Grace Adams" die Geschichte einer Familie aus der Sicht der Mutter (Grace) und wird - wie sollte es anders sein - auf mehreren Zeitebenen erzählt. Da wird vom Kennenlernen mit Ben (dem Vater) berichtet und von der Geburt Lottes (der Tochter), mit der Grace später so ihre Probleme haben wird.

All das hätte für einen soliden Familienroman gereicht, der seicht vor sich hin plätschert. Wäre da nicht Grace!
Die wir im aktuellen Zeitstrang, der an einem einzigen Tag spielt, begleiten. Und man könnte beim Lesen glatt das Gefühl bekommen, daß sie nicht auf dem Weg zu ihrer Tochter, sondern in einen Nervenzusammenbruch ist.
In den Vergangenheits-Erzählebenen wiederum wird ein angedeutetes Geheimnis wenig überraschend aufgelöst, doch es braucht fast 300 Seiten im Buch bis ein anderes Geheimnis aufploppt, das mich wie ein Faustschlag in den Solar Plexus getroffen hat. Und das plötzlich so vieles erklärt.

Allein dafür und für die unglaubliche Palette an Gefühlen, die hier aufgeführt und bedient wird, kann ich über einen eklatanten Übersetzungsfehler (aus 6.00 Uhr morgens wird 18.00 Uhr abends) und einige kleinere hinwegsehen und würde das Buch durchaus weiterempfehlen wollen!