Ein besonderes Buch

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bavaria123 Avatar

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"Die Unruhigen" ist ein Buch von Linn Ullmann. Linn Ullmann? Ja, genau, die Tochter von Liv Ullmann und Ingmar Bergman. Ingmar Bergmann, der mit sechs Frauen neun Kinder hatte. Der Roman ist keine Biografie, aber doch ein sehr persönliches Buch, welches durchaus einiges aus der familiären Situation berichtet.

Das Cover finde ich besonders. Zum einen ist der Umschlag aus einem Papier, das sich ungewöhnlich anfühlt, dünner als andere. Das Bild auf dem Cover zeigt tatsächlich die Autorin mit ihrem Vater. Es passt für mich sehr gut zum Inhalt. Die beiden schauen schon ein wenig tough aus und doch wirkt die Aufnahme zerbrechlich.

Besonders ist auch der Schreibstil. Ich musste mich in ihn erstmal einlesen. Als ich das aber geschafft hatte, war ich angetan davon. Das Buch ist voll von Denkanstößen, die mir gefallen. Wenn sie über ihre Mutter sagt " Ihre tiefste Sehnsucht war möglicherweise, bedingungslos geliebt und gleichzeitig ganz in Ruhe gelassen zu werden", dann kann ich das ganz nachempfinden. Oder wenn sie ihren Vater sagen lässt: "Ein entflogenes Wort lässt sich nicht mehr einfangen", so kenne ich eine entsprechende Situation ebenfalls.
Auf Seite 99 schreibt Linn Ullmann, dass sie und ihr Vater immer geschickter darin waren, sich zu verabschieden, als sich zu begegnen. Und so ging es mir mit meinem Vater auch, besonders in der letzten Zeit seines Lebens.

Das Buch erzählt vom Erinnern und Vergessen, vom Aufwachsen und vom Alt werden. Und richtig ist sicher, dass das Alt werden eine harte, schwere, wenig glamouröse Arbeit mit sehr langen Arbeitszeiten ist. Wobei das Werk nicht traurig ist, sondern auch immer mal mit einer fast heiteren Note.
Einen großen Raum nehmen in dem Buch die Themen Zeit und Erinnerungen ein. Sind und bleiben Erinnerungen reale Wahrnehmung oder verwischen sie mit dem, was man sich wünscht und grenzen sie an Erfindungen?
Wie ein roter Faden ziehen sich sechs Interviews durch das Werk. Es handelt sich um tatsächlich existierende Tonbandaufnahmen, die Linn Ullmann mit ihrem Vater aufgenommen hat. In ihnen finden sich kaum klare direkte Antworten und doch zeigen sie vieles an Botschaften.

Für mich ist "Die Unruhigen" ein besonderes Buch, das mit viel Liebe über das Leben berichtet. Wenn man sich mit dem anfänglich ungewöhnlichen Schreibstil arrangiert, erfährt man viel davon, wie sich das Bild, das man von sich selbst und seiner Familie macht, sich immer wieder ändert.