Ich möchte 10 Sterne vergeben!

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
blackcat Avatar

Von

Kalifornien, Sommer 1975: In der Kleinstadt Ojai werden zwei Geschwister erstochen in ihrem Elternhaus aufgefunden und wenig später machen Gerüchte die Runde, dass der seltsame, wütende mittlere Bruder Vincent sie bestimmt getötet hat. Der hat allerdings ein Alibi, weshalb der Doppelmord unaufgeklärt bleibt. Doch die Verdächtigungen und das Gerede hören nicht auf - wieso also ist er nie aus Ojai weggezogen? Warum hat er dort eine Familie gegründet? Weshalb hat seine Frau ihn und die damals 5-jährige Tochter verlassen?

Kalifornien, Sommer 2024: Die 44-jährige Ghostwriterin Olivia hat es gewagt einen erfolg- sowie einflussreichen Kollegen anzuprangern und bekommt seit einer ganzen Weile keine Aufträge mehr. In ihrer Verzweiflung tut sie etwas, das ihr zutiefst widerstrebt: Sie schreibt ein Buch für ihren Vater, mit sie eigentlich nichts zu tun haben will, weil er sie, als sie ihn am meisten brauchte, im Stich ließ

Ihr Vater war ein selbstsüchtiger Alkoholiker, ein erfolgreicher Horror-Autor und er ist der Mann, der als Teenager angeblich seine Geschwister erstochen hat. Olivia hat, trotz all seiner Fehler, nie daran geglaubt, dass er ein Mörder sein könnte. Ich finde es herrlich un-klischeehaft, dass Olivia den Kontakt zu ihm nicht abgebrochen hat, weil sie den Gerüchten glaubt, sondern weil er ein Ich-bezogener Alkoholiker war, der sie vernachlässigte.

Zwischen den beiden herrschte gut zwanzig Jahre Funkstille und als sie ihn besucht, um als Ghostwriterin für ihn zu arbeiten, nutzt sie den Aufenthalt in Ojai auch, um den Mord an seinen Geschwistern aufzuklären. Sie stoßt auf Dinge, die ihren Vater verdächtig wirken lassen, eventuelle Ermittlungspannen, toxische Verhältnisse, tiefe dunkle Abgründe - ein Labyrinth aus Geheimnissen, Lügen sowie fatalen Fehleinschätzungen ...

Die Handlung wird, absolut fesselnd!!!, auf zwei Zeitebenen erzählt: 2024 aus Olivias Sicht, 1975 aus der Perspektive ihres Vaters und der seiner damals 14-jährigen Schwester.

Olivias Nachforschungen und die Ereignisse von 1975 (vor, während & nach der Mordnacht) nähern sich allmählich der Wahrheit an, lassen sich Zeit zu wirken - das gemächliche Tempo störte mich allerdings kaum, da die ausführlichen Schilderungen (von Gedanken, Personen, Situationen & der Umgebung) interessant sind sowie zur Atmosphäre beitragen. Durch die detailreichen Beschreibungen lernt man die faszinierenden Charaktere hautnah kennen und kann völlig in die Geschehnisse dieses genial ausgeklügelten Thrillers eintauchen!

“Die unsichtbare Hand” ist für mich das bisher beste Buch von Julie Clark! Die großartig gezeichneten, lebensechten Figuren bzw. die Dynamik zwischen ihnen, die grandios umgesetzte Gesellschaftskritik, das packende True-Crime-Flair, die eindrückliche “Ein-entsetzlicher-Albtraum-in-einer-idyllischen-Kleinstadt"- Stimmung, das Familiendrama, die Last der Geheimnisse und Lügen, die die Mordnacht sowie schließlich der Ruf von Vincent mit sich brachte bzw. bringt, die stetig steigende Spannung und natürlich die markerschütternde, brillante Auflösung - haben mich restlos begeistert!!!