Lesenswerte Chronik einer außergewöhnlichen Familie

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kainundabel Avatar

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„Meine Großmutter starb zwei Mal. Nur war sie nach dem ersten Mal nicht tot.“ So beginnt Emma Salz aus der dritten Generation der unsterblichen Familie Salz 2015 ihre Erzählung auf die Sicht der Dinge und eröffnet damit die Familienchronik, die sich über 100 Jahre spannt. Dreh- und Angelpunkt ist das Leipziger Prachthotel Fürstenhof, das „Herr“ Salz 1914 kauft. Der Autor Christoph Kloeble hat mit dem Roman „Die unsterbliche Familie Salz“ ein außergewöhnliches Portät einer weiß Gott nicht heterogenen Familie geschaffen, das zu lesen sich unbedingt lohnt. Neben Emma Salz lässt er die einzelnen Kapitel aus der Perspektive weiterer Familienmitglieder schildern, um letztlich den Erzählbogen wieder mit Emma Salz und ihrem erneuten „Meine Großmutter starb zwei Mal …“ abzurunden. Alle Protagonisten erhalten die Möglichkeit, die Entwicklung und Ereignisse um diese zerrüttete Familie in der Ich-Perspektive darzustellen. Lediglich die labile Aveline Salz berichtet aus ihrer Sicht konsequent in der zweiten Person – wie ich finde, ein genialer Schachzug des Autors. Dazwischen macht der Leser Bekanntschaft mit der äußerst wechselvollen Geschichte der Familie vor dem Hintergrund der epochalen deutschen und europäischen Historie des vorigen Jahrhunderts. Das ist im weiteren Verlauf zugegebenermaßen nicht immer einfache Kost und stellt gewisse Anforderungen an den Leser. Aber gerade das macht die Qualität von Inhalt und Sprache des Romans aus. Ich habe es selten erlebt, dass es einem Schriftsteller so hervorragend gelingt, Charaktere und Geschichten prägnant in einen Raum zu stellen. Das Umschlagbild greift eine zentrale Frage des Romans auch bildlich auf: Welche Schatten werfen wir auf die Generationen nach uns? Dazu kommt im Roman der Schatten selbst zu Wort als „Das Gebiet hinter einem beleuchteten Körper, in das kaum Licht eindringt“. Auch das eine ausgezeichnete Idee innerhalb der Romankomposition. Ich habe unterhaltsame, kurzweilige Lesestunden hinter mir, dank Christoph Kloebles unsterblicher Familie Salz mit all ihren Widersprüchen, Eigenheiten und Eigenwilligkeiten. Für mich einer der besten Romane des Jahres!