The shadow knows!

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miro76 Avatar

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Lola Rosa Salz erreicht das hohe Alter von 110 Jahren und blickt auf ein erstaunliches Leben zurück, dass von früher Kindheit an durch eine starke Bindung zu den Schatten geprägt war.
Als Mädchen hatten die Schatten noch etwas Positives. Ihre Mutter fertige jährlich Schattenrisse an, in denen man die Wahrheit über den Menschen erkennen konnte.
Viel zu früh verliert Lola ihre Mutter an eine schwere Krankheit und ihre Bindung zu ihrem eigenen Schatten wird stärker. Als sie ihrer Mutter schließlich aus dieser Welt hilft, soll es ihr Schatten gewesen sein, der die Tat vollbrachte.
Ihr Vater, Herr Salz, schiebt sie in ein katholisches Internat ab, wo ihr die Ordensschwestern die Schattenliebe austreiben.
Später schein Lola Rosa Salz von ihrer Schattenaffinität geheilt und erlebt eine strahlende Karriere als Schauspielerin und finde ihre große Liebe bei einem Kollegen. Der Krieg trennt sie vorübergehend und Lola, eine echte Kämpfernatur, bringt ihre beiden Kinder durch diese harte Zeit. Ständig auf der Flucht tut sie, was getan werden muss, damit sie endlich wieder nach Hause können.
Lola und ihr Mann haben den großen Krieg überstanden, doch das Schicksal kann sehr grausam sein und so verliert Lola ihren geliebten Mann an eine einfache Grippe. Aus der furchtlosen jungen Mutter wird eine von Angst getriebene Alkoholikerin.
Lola verliert sich in ihrem Schmerz und ihrem Verfolgungswahn. Sie gibt die Verantwortung für ihre Familie an ihren Sohn ab und trichtert ihrer Tochter eine massive Angst vor „Schattenlosen“ ein.
Aveline hat kaum eine Chance auf ein selbstbestimmtes Leben. Lola Rosa Salz weiß dies zu verhindern. Als sie einen Sohn zur Welt bringt, treibt Lola ihre Tochter ins Verderben und schließlich aus dem Haus. Kurzfristig scheint es, als ob ihr die Verantwortung für ein Kleinkind aus ihrer Schockstarre helfen würde, doch auch dieses Kind lässt sie nicht richtig heranreifen. Sie bindet ihren Enkel massiv an sich.
Der einzige, der Lolas Machenschaften entkommen konnte, ist ihr Erstgeborener Kurt. Er hat schon früh das Elternhaus verlassen, um Geld zu verdienen und kappt nach einer weiteren Intrige der Mutter endgültig die Verbindung. Seiner Tochter aber, ließ er ihre Bindung zu ihrem Schatten ebenfalls austreiben, aus Angst vor einem ähnlichen Schicksal.

Die Schatten sind der Kitt in dieser Geschichte. Ansonsten wäre das ein spannender Roman gewesen. Immerhin hat Lola Rosa Salz zwei Weltkriege erlebt, das geteilte Deutschland und die Wiedervereinigung. Die ersten zwei Drittel des Romans waren auch sehr spannend und ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen. Aber als die Schatten so stark in den Vordergrund treten und gleich mehrere Leben zerstören, musste ich meine Meinung revidieren. Lola Rosa Salz mutiert zu einer bösartigen alten Frau, die von Rachefantasien getrieben wird.
Die weiterführenden Lebensgeschichten der schattenblinden Enkelin Emma Salz und zukünftig der Urenkelin Ava Salz hätte es für mich nicht mehr gebraucht.

Stilistisch ist das Buch großartig aufgebaut. Es kommen verschiedene Protagonisten zu Wort, ein großer Abschnitt ist in Tagebuchform geschrieben und die Zeitlinie verläuft nicht linear. Immer wieder überspringen wir mehrere Jahre, um beim relevanten Geschehen zu landen. Das wertet das Buch durchaus auf, doch die Schattenaffinität die alles zusammenhält ist mir zu skurril und unglaubwürdig. Dass eine einzelne Person mit ihrem Schatten spricht kann als psychologischer Kniff passend sein, dass diese „Gabe“ anscheinend erblich ist, ist für mich nicht stimmig.

Das Buch startet fesselnd in einen großen Generationenroman, fällt dann aber massiv ab. Deshalb kann ich es nicht wirklich weiterempfehlen und vergebe nach anfänglicher Fünf-Sterne-Begeisterung nur drei.