Versalzen

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mirabell Avatar

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Ein absolut erstaunliches Buch! Und ja, man lernt scheinbar nicht dazu. Alle Erfahrung und jedes weitergegebene „Wissen“ führt nur zu Scheinsicherheiten. Fehler muss man eben selber machen und selber daraus lernen.
Und das zieht sich auch durch die Geschichte der Familie Salz. Über die Generationen hinweg wird die Geschichte aus den Perspektiven einzelner Personen erzählt – immer mit dem Augenmerk auf einen bestimmten und zwar besonders einschneidenen Zeitabschnitt. Wer gerade seine Geschichte erzählt bzw. die Geschichte weitererzählt, bringt seinen ganz persönlichen Erzähl- und Schreibstil ein. Sehr gut herausgearbeitet sind die Lokalisierung und Schilderung der Personen und Lebensumstände innerhalb der jeweiligen Zeiten. Eine Nacherzählung dieser Familiengeschichte erscheint an dieser Stelle nicht gewinnbringend oder sinnvoll.
Nach der Lektüre stellt sich dennoch die Frage danach, wie diesen Personen widerfahren konnte, was ihnen widerfahren ist. Vielleicht auch nach dem Warum? Allesamt unverstandene Wesen, deren volle Persönlichkeit sich nicht vollumfänglich entfalten konnte, weil sie von ihrem Gegenüber nicht in Gänze erfasst werden konnte? Vielleicht auch, weil ein Mensch sich seinem Gegenüber nicht (immer) ganz zeigen kann? Kommunikationsproblematik? Menschliche Beschränktheit? Zu wenig Liebe? Am Ende des Buches sieht man sich mit diesen Fragen konfrontiert. Jede der jeweiligen Generationen versuch etwas besser zu machen, tappt dabei jedoch in eine andere Falle.
Eine Empfehlung für dieses Buch kann in jedem Fall gegeben werden. Die Geschichte ist sehr spannend und durch die verschiedenen Perspektiven abwechslungsreich gestaltet. Man sollte als Leser nur eine gewisse Fähigkeit besitzen, sich von dem Gelesenen emotional nicht zu sehr packen zu lassen. Ein Verständnis für jede dieser Personen zu entwickeln, ist angesichts der eindringlichen und oftmals in einer Art Katharsis mündenden Schilderungen fast umungänglich. So kann man von diesem Buch mitnehmen, Menschen nicht vorschnell abzuurteilen, sondern ein Verständnis dafür zu entwickeln, wie das Zusammenspiel von Innerem und äußeren Einflüssen in bestimmten Situationen mündet.