Wie lebt man, wenn man sein Todesdatum kennt?

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caro.booklover Avatar

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Chloe Benjamin ist ein sehr guter Roman über vier Geschwister gelungen, die durch den Besuch einer Wahrsagerin zunächst noch enger aneinander gebunden werden. Ihnen wird ihr Todesdatum vorausgesagt - während die beiden jüngeren Simon und Klara alles in die Waagschale werfen, scheinen Daniel und Varya eher auf Sicherheit bedacht...zwei grundsätzlich verschiedene Herangehensweisen in der Lebensgestaltung. Sowieso stellt sich ja gleich am Anfang die Frage, ob man der Wahrsagerin glaubt und das eigene Leben entsprechend nach dem genannten Datum ausrichtet oder ob man es für Hokuspokus hält.
Jedes "Kind" erhält seinen eigenen Abschnitt, in dem in einen Ausschnitt des Lebens hineingeschaut wird. Hierbei geht es in der Chronologie weiter, die Zeiten überschneiden sich nicht. Ich fand gut, dass jedes der vier Geschwister selbst zu Wort kommt und die Geschichten nicht miteinander vermischt werden. Allerdings hätte ich eine größere Verbundenheit untereinander erwartet. Die haben eigentlich nur Simon und Klara, wobei das sicherlich durch die Autorin auch versucht wird, zu begründen. Ganz überzeugen konnte mich dieses quasi-Zerwürfnis irgendwie nicht. Aber gut, irgendwann geht halt jeder seinen eigenen Weg. Im Hintergrund schwingt auch eine gewisse Schuld und Verantwortung der beiden älteren Geschwister mit, die Wahrsagerin überhaupt aufgesucht zu haben. Und schließlich ist da noch die sehr schwierige und spezielle Mutter, von der jeder auf seine Art Befreiung sucht.
Alles in allem waren die Geschichten von Simon und Klara für mich persönlich am besten gelungen und berührten mich (in Simons Kapitel wird es sprachlich allerdings etwas derber hinsichtlich Sexualität, das hat mich etwas abgeschreckt, passte aber doch auch dazu). Vor allem Daniels Geschichte fand ich viel weniger spannend, auch wenn ein guter Bogen zu Klara geschlagen wird. Eigentlich passiert dort viel, aber fesseln konnte es mich nicht so sehr.


Fazit:
Ich vergebe 4,5 Sterne (abgerundet auf 4) für diesen Roman. Sprachlich und stilistisch hat es mir gut gefallen, jedoch ging für mich immer mal wieder die Spannung verloren. Insgesamt ist es eine gute Familiengeschichte, wobei alle vier Protagonisten ihren eigenen Auftritt bekommen und sich so voneinander abgrenzen.