Ein Blick hinter die bröckelnde Fassade eines scheinbaren Familienidylls

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april1985 Avatar

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》Ich muss schneller als das Monster sein. Mich vor seinen scharfen Krallen in Sicherheit bringen, die es in mein Fleisch schlagen will, um mich in die Dunkelheit zu zerren, um dort dann Dinge mit mir zu machen. Grausame Dinge. Schmerzhafte Dinge.《

(Zitat aus 'Die Verborgenen', Hörbuch 13 %)

Der neue Psychothriller von Linus Geschke hat mir wieder richtig gut gefallen. Im Gegensatz zu 'Das Loft' ist dieses Buch nicht ganz so reißerisch. 'Die Verborgenen' ist ein unblutiger Thriller. Es geht um Schein & Sein, Geheimnisse innerhalb einer Familie und Manipulation.

Sven und Franziska Hoffmann führen eine scheinbar glückliche Ehe wie aus dem Bilderbuch. Die fast 18-jährige Tochter Thabea macht das Glück perfekt. Doch der Schein trügt und die Fassade bröckelt. Jeder der drei Familienmitglieder hütet seine Geheimnisse, welche das Familienidyll bedrohen. Als sich seltsame Vorfälle ereignen - Fremde Fußspuren im Keller, Dinge, die verschwinden - beginnen sich Sven und Franziska gegenseitig zu beschuldigen. Und der Eindringling kommt damit seinem Ziel immer näher.

Der Thriller ist abwechselnd aus Sicht der Familienmitglieder geschrieben. Jeder erzählt seine eigene Geschichte und lässt in seine Gedanken- und Gefühlswelt blicken. Hier merkt man schon, dass das Leben der Familie Hoffmann alles andere als perfekt ist. Neben Sven, Franziska und Thabea gibt es auch eine "Du"-Perspektive, die ich am spannendsten und auch am beklemmensten fand. Aus dieser Perspektive erzählt der Eindringling (der Phrogger). Durch die besondere Anrede mit 'Du' hatte ich beim Hören das Gefühl die Rolle des Phroggers zu übernehmen. Ich war es in dem Moment, der das Tagebuch von Tochter Tabea gelesen hat, die Badschränke durchführt und Sven und Franziska beim Schlafen beobachtet hat. Zuzusehen, wie Sven und Franziska sich gegenseitig mehr und mehr beschuldigen, sich manipulieren lassen und in Wahnvorstellungen verstricken, hat mir viele Gänsehautmomente bereitet.

Die einzelnen Erzählstränge scheinen zunächst irgendwie zusammenganglos zu sein. Nach und nach ergibt aber alles ein Gesamtbild. Der Weg dorthin ist gesäumt mit einigen unvorhersehbaren Twists. Die Auflösung selbst, also wer hinter dem Phrogger steckt und das Motiv, habe ich so auch absolut nicht erwartet.

Ich habe den Thriller als Hörbuch genossen. Dieses wird von mehreren Sprecher/innen gelesen, die in die verschiedenen Rollen geschlüpft sind, um uns ein grandioses und atmosphärisches Hörerlebnis zu bereiten.

Fazit:

Nicht ganz so reißerisch und blutig wie 'Das Loft', aber deshalb nicht weniger fesselnd. Linus Geschke lässt uns durch die Augen eines Phroggers hinter die bröckelnde Fassade einer scheinbar heilen Familienwelt blicken. Mir haben die teils beklemmende Atmosphäre und allein schon der Gedanke an den Eindringling, der sich am Dachboden einnisten, Gänsehaut bereitet.

Ich kann das Buch Fans von unblutigen Thrillern sehr empfehlen.