Thriller ohne Blut- und Metzelorgien

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Linus Geschkes „Die Verborgenen“ berichtet von einem realen Phänomen, das zwar (noch) selten vorkommt, dafür aber umso gruseliger ist: Phrogging.

Die Geschichte handelt von einer Familie, in deren Haus eine Art „Blinder Passagier“ lebt, ein Phrogger, also eine Person, die unbemerkt von ihnen ihr Haus bzw. ihr Leben mit ihnen teilt. Und das ist durchaus wörtlich zu nehmen, denn diese Person nutzt alle Ressourcen der Familie, angefangen beim Wohnraum und mit deren Essen noch lange nicht endend. Als wäre das noch nicht ausreichend, hat sich der oder die Phrogger eine Familie ausgeguckt, die durchaus ihre eigenen unausgeleuchteten Flecken hat. Als dann auch noch eine Mitschülerin der Tochter verschwindet, sind sie und ihr Vater (der eher aus beruflichen Gründen) damit befasst, während die Mutter wegen seltsamer Geräusche, verlegter Gegenstände langsam an ihrem Verstand zweifelt.

Linus Geschke weiß, wie man Krimis oder Thriller schreibt, und zwar solche, die ihre Spannung nicht aus blutrünstigen Taten ziehen, sondern indem er mit Ängsten spielt. Wäre die Vorstellung eines unbekannten und ungewollten Mitbewohners nicht schon gruselig genug (dass es sowas tatsächlich gibt, wusste ich bis dato nicht und vermutlich hätte ich auf das Wissen verzichten können, aber das „Phänomen“ ist für einen Thriller natürlich wie geschaffen), setzt er noch einen drauf, indem er seinen Phrogger, das „Du“, als „gemein veranlage Person“ anlegt. Überhaupt ist die Anlage der Personen sehr durchdacht, keiner scheint ehrlich, man weiß nie so genau, woran man ist und das alles entfaltet sich erst mit der Zeit und langsam – durch irgendwann fast schon unerträglich werdende Perspektiv- und Zeitwechsel, ein bisschen wie bei einem Puzzle, das man zusammensetzt, ohne das Bild auf dem Puzzle-Karton zu kennen. Denn Geschke lässt alle Familienmitglieder und den Phrogger ihre Sicht auf das Geschehen schildern, und zwar aus heutiger Sicht und mit Rückblenden in die Vergangenheit. Irgendwann will man nur noch wissen, wie das alles zusammenhängt, was Geschkes Andeutungen bedeuten und ist am Ende vielleicht etwas perplex ob der simplen Begründung. Geschkes Schreibstil ist flüssig lesbar, die Perspektiv- und Zeitwechsel machen es spannend, die Idee ist spooky, also alles da für einen soliden Thriller ohne Blut- und Metzelorgien.