Das Recht des Stärkeren

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jenvo82 Avatar

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„Doch sie spürte die Kraft, die in seinen Händen wohnte. Wenn er wollte, könnte er mich damit töten. Einfach so, schoss es ihr durch den Kopf.“


Inhalt


Vera Mändler, die als Journalistin arbeitet und sich nach einem beruflichen Vorwärtskommen sehnt, gerät durch ihre Familie in eine seltsame Verkettung von unerklärlichen Umständen. Ihr chronisch blanker Cousin, bettelt mal wieder um Geld, bei der gemeinsamen Tante, die kurz darauf einen Schlaganfall erleidet und ins Krankenhaus eingeliefert wird. Doch auch Cousin Chris ist wenig später tot, weil er anscheinend in Besitz einer besonderen Information war, die Fremde dazu veranlasst, unwillkommene Zeugen auszuschalten. Veras Jagdinstinkt ist geweckt – in welchen längst vergangenen Fall, war ihre schwerkranke Tante, denn verwickelt und wer hat so großes Interesse daran, unerkannt zu bleiben. Sie macht sich auf die Suche nach den ominösen Dokumenten, die angeblich irgendwo versteckt sein sollen, doch davon wissen noch mehr Leute und die beobachten Vera ganz genau. Ein Privatermittler, der selbst ein dunkles Geheimnis hütet, schlägt sich auf ihre Seite, doch auch er muss im Verborgenen bleiben, damit die Gerechtigkeit endlich zum Zug kommt und die Missetaten, die fast in Vergessenheit geraten sind, doch noch ans Tageslicht kommen.


Meinung


Die bekannte deutsche Kriminalautorin Inge Löhnig, schreibt hier unter dem Synonym Ellen Sandberg einen groß angelegten Spannungs- und Familienroman, der sich mit historischen Verbrechen der jüngeren Vergangenheit beschäftigt und zeigt, wie schnell aus Menschen Mörder werden, wie effektiv ein schlechtes Gewissen übergangen wird und wie aus Mitläufern manchmal Mittäter werden. Sie wählt bewusst einen dunklen Punkt in der deutschen Geschichte, der eben nicht in Vergessenheit geraten darf, damit wenigstens diesmal nicht das Recht des Stärkeren, sondern tatsächlich die Gerechtigkeit siegt.


„Die Vergessenen“ ist ein sehr kurzweiliger, unterhaltsamer Roman, der durch verschiedene Erzählstimmen bereichert wird. Einerseits agiert die motivierte, persönlich beteiligte Journalistin, die durch privates aber auch berufliches Interesse in den Fall eingebunden ist, zum anderen handelt der etwas undurchsichtige Privatermittler Manolis Lefteris, dem es nicht nur um Rache für seine eigene Familiengeschichte geht, sondern ganz allgemein um Gerechtigkeit, die den Schwächeren zusteht, die sie aber nur selten erfahren. Und so konzentriert sich das Zentrum der Erzählung auf längst vergangene Missetaten, und ihre endgültige Aufklärung. Der Roman ist dabei ein gelungener Mix aus einer kleinen Portion Historie, einer etwas größeren Portion Familiengeschichte in Verbindung mit Verbrechen, die bisher keiner gesühnt hat.


Ein kleiner Kritikpunkt besteht für mich in der etwas lockeren und dadurch leicht oberflächlich wirkenden Erzählweise, die sehr umgangssprachlich daherkommt und etwas Tiefgang vermissen lässt. Die sehr spannenden Verbrechen der Vergangenheit, tauchen immer wieder in kurzen Episoden auf, verlieren sich dann aber wieder in der seichten Gegenwartshandlung, die auch das Privatleben der Hauptprotagonisten intensiv beleuchtet. An dieser Stelle hätte ich mir persönlich noch mehr Hintergrundwissen und längere historisch inspirierte Erzählmomente gewünscht und im Gegenzug weniger lückenfüllendes Material über das private Leben und Leiden der Protagonisten.


Fazit


Ich vergebe 3,5 Lesesterne (aufgerundet 4) für diesen klassischen Unterhaltungsroman mit einer spannenden Hintergrundhandlung in stimmiger, leicht lesbarer Erzählqualität. Eine runde Geschichte über die Schatten der Vergangenheit, die lange Hand der Gerechtigkeit und Schuld, die nicht verjährt. Ein Buch für Jedermann, dem es zwar etwas an Aussagekraft und Hintergrund mangelt, welches ich aber als lesenswert und interessant beschreiben würde.