Ungesühnte Verbrechen - Last für Generationen

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kaiserin2201 Avatar

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Der neueste Roman von Ellen Sandberg, fesselt von Beginn an.

Vera Mändler, eine Journalistin, die durch die Erkrankung ihrer Tante Kathrin auf die Spuren eben dieser Tante in der Zeit des Naziregimes aufmerksam wird. Manolis Lefteris, erfolgreicher Autohändler und Mann für gewisse Aufträge, dessen Vater traumatisiert durch das Massaker dass die Nazis während des Krieges in seinem Dorf begangen haben, und der vermutlich Jahrzehnte später Selbstmord beging. Sie beide treffen nur wenig im gesamten Roman aufeinander, obwohl ihrer beider Leben enger verbunden ist als sie beide ahnen.
Veras Cousin Chris wird ermordet da er sich offenbar mit den falschen Leuten eingelassen hat. Ein Dossier, dass Veras Tante Kathrin einst angelegt hat, doch nie wie ursprünglich geplant als Beweis für begangene Verbrechen nutzte, scheint die Aufmerksamkeit einiger Leute, die lieber unerkannt bleiben wollen, geweckt zu haben. Kathrins Verwicklung in jene Verbrechen begründet durch die unglückliche Liebe zu Dr. Karl Landmann, dem Mann der eben für vielfache Morde mit verantwortlich war, kann Vera nicht mehr erfragen denn die Tante liegt durch Schlaganfall im Koma.
Manolis soll eben jenes Dossier im Auftrag seines Mentors, eines Anwalts, beschaffen um die Wahrheit für immer zu verbergen.
Parallel dazu wird die Vergangenheit beschrieben, das Leben von Kathrin als junge Krankenschwester, verwickelt in eine der größten Menschen verachtenden Aktionen, der Euthansie der NS-Verbrecher, als auch von Manolis Vater, der als kleiner Junge als einziger das Massaker seines Dorfes überlebt, sich jedoch tief traumatisiert davon nie mehr erholen wird.
Eine Generation die noch sehr jung Erlebnisse verarbeiten muss über die nie mehr geredet wurde, weil man nach dem Krieg vergessen wollte um wieder leben zu können. Dass diese Geheimnisse die nachfolgenden Generationen bis heute belastet beschreibt Ellen Sandberg hervorragend

Die Autorin hat sich des Themas der Euthanasie in ihrem Roman angenommen. Ein weiteres schwarzes Kapitel, dass bisher weniger in den Fokus der historischen Aufarbeitung jüngster deutscher Geschichte gerückt ist.
Spannend und gleichzeitig bedrückend verknüpft Ellen Sandberg die verschiedenen Protagonisten ihrer Geschichte meisterhaft. Dass Menschen trotz belastender Schuld einigermaßen und bisweilen recht bequem weiterleben können, lässt den Leser bisweilen ratlos zurück. Gleichzeitig stellt man sich selbst die Frage wie man in den geschilderten Situationen wohl gehandelt oder eben nicht gehandelt hätte.
Die Handlung des Romans ist fiktiv, doch sind die in Rückblenden genannten Ereignisse des Jahres 1944 verbürgt, auch wenn die Heil- und Pflegeanstalt Eglfing-Haar und das griechische Dorf Distomo umbenannt wurden.
Der Autorin ist mit „Die Vergessenen“ ein höchst lesenswerter Roman um die sich immer wieder uns aufdrängende Frage gelungen: „Wann endet Schuld, wo beginnt Versöhnung?“