Leben in Zeiten der Pandemie

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rebeccawinter Avatar

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Mit einem auffallenden, sehr schön gestalteten Schutzumschlag hat der Aufbau-Verlag wieder ein neues Werk der Schriftstellerin Sigrid Nunez herausgebracht. Die Abbildungen von Hortensie und Ara weisen gelungen auf den Roman hin. Dabei steht der Ara für die Handlung, die Hortensie für die Reflektionen, die von der Erzählerin vor allem über das Schreiben und ihr Leben angestellt werden. In der Hochzeit der Pandemie, 2020, hütet sie in New York den Papagei einer Bekannten. Dabei lernt sie einen jungen Mann kennen, der sich mit dem gleichen Auftrag in der von den Besitzern verlassenen Wohnung aufhält.
Die tatsächliche Handlung nimmt nur einen kleinen Teil des Romans ein, ist mehr Gerüst für die nachdenklichen, oft humorvollen, auch tiefsinnigen Betrachtungen der Erzählerin. Der Eindruck, dass es sich um eine autobiografische Erzählung handelt, verdichtet sich mit zunehmendem Romanfortschritt.
Sigrid Nunez schreibt in gewohnter Balance zwischen Leichtigkeit und Ernst. Auch in diesem Buch stellt sie wie in „Der Freund“ die Zukunft des traditionellen Romans in Frage. Ob die Zeit des Geschichtenerzählens vorbei ist, wird jeder für sich selbst beantworten. Diese schriftstellerisch brillante Erzählung habe ich jedenfalls sehr genossen.