Zum Mitfühlen und Genießen

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holdesschaf Avatar

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Die junge Kellermeisterin Lily ist nach einem längeren Aufenthalt in Neuseeland gerade erst zurück in London. Ihre nächste Station soll das Familienweingut der Rossis in Italien sein, wo sie sich fortbilden möchte. Ihre Leidenschaft für Wein hat sie von ihrem bereits verstorbenen Vater übernommen. Da erreicht sie ein Brief einer Anwaltskanzlei, die die Erbschaft der Leiterin eines Londoner Frauenhauses regelt. Lily erhält eine Schachtel, die eigentlich für ihre Großmutter bestimmt gewesen war. Darin befindet sich ein italienisch verfasstes Rezept und ein Abschnitt eines Opernprogramms der Mailänder Scala von 1946. Doch was soll Lily damit nur anfangen? Sie reist früher nach Italien und macht sich auf die Suche, wobei sie unverhofft vom attraktiven Sohn der Rossis unterstützt wird. Kann Lily die Geheimnisse der Vergangenheit klären und ihr eigenes Glück finden?

Ich hatte mal wieder Lust, ein Buch zu lesen, in dem es um ein Familiengeheimnis geht. Die Beschreibung und die Leseprobe haben mir gut gefallen. Zunächst lernt man Lily mit ihrer Leidenschaft für Wein und ihrer tiefen Verbundenheit mit ihrem verstorbenen Vater kennen. Dessen Tod hat sie ziemlich mitgenommen. Sie möchte sich und ihm unbedingt noch den Traum vom eigenen Wein erfüllen. Darüber vergisst sie leider manchmal in sich hineinzuhorchen. Der Brief der Anwaltskanzlei lässt sie nicht nur eine Suche starten, es ist auch eine Reise der Protagonistin zu sich selbst. Die Autorin schildert auf zwei verschiedenen Zeitebenen, was sich in Gegenwart und Vergangenheit ereignet (hat). Von der Vergangenheit erhält man als Leser*in immer nur kürzere Einblicke, so dass sich das Gesamtbild erst nach und nach zusammensetzt und die gesamte Tragik der damaligen Vorkommnisse offenbart. Sehr gefühlvoll wird hier ein Geheimnis im Leben der Großmutter offenbart, das auch mal zu Tränen rühren kann.

In der Gegenwart trifft Lily auf den Sohn der Rossis und auch hier entwickeln sich Gefühle, die aber auch nicht unbedingt leicht sind. Besonders gut gefallen hat mir bei der Spurensuche das abwechslungsreiche italienische Setting. Von der beeindruckenden Mailänder Scala bis zu Weinbergen wohin das Auge blickt, entführt uns die Autorin an wunderbare Orte und lässt auch durch die ein oder andere Köstlichkeit das Lesen zum Genuss werden. Insgesamt haben mir der Schreibstil, der Aufbau und das italienische Flair der Geschichte sehr gut gefallen, Kenner des Genres dürften allerdings recht bald das Familiengeheimnis, das Lily zu ergründen versucht, erahnen. Da hätte ich mir etwas mehr Rätsel erwartet, auch wenn die vergangenen Ereignisse hier wirklich herzergreifend sind. 4 Sterne