Die Vergangenheit vergisst nie

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jackiistz Avatar

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Was kann man sich unter dem Titel "Die Verlorene" von Miriam Georg vorstellen? Eine Geschichte über eine Frau, die verloren zu sein scheint? Die vielleicht nicht weiß, was sie mit ihrem Leben anfangen soll? Eines ist auf jeden Fall klar: Man ist bei diesem Roman auf den Spuren der Vergangenheit und findet vielleicht sogar eine alte Heimat wieder...

Änne erzählt ihrer Tochter und ihrer Enkelin manchmal von den Sommern in Schlesien, ihrem ehemaligen Zuhause. Nach dem 2. Weltkrieg kam Änne nach Deutschland und ist seitdem nie wieder in ihre alte Heimat zurückgekehrt. Wenn ihre Enkelin Laura weiter nachgebohrt hat, hat ihre Großmutter abgeblockt und dichtgemacht. Vieles wollte die rüstige Dame nicht erzählen. Zu schmerzhaft schienen die Ereignisse der Vergangenheit zu sein, zu schmerzhaft die Erinnerungen an ein anderes Leben. Als ein Schicksalsschlag jedoch das Leben alle drei Frauen beeinflusst, kommt wieder der Gedanke nach Antworten auf all die Fragen auf, die Änne nie bereit war zu beantworten. Vor allem Laura, deren Leben gerade auch eine große Wendung nimmt, möchte unbedingt mehr über das Leben ihrer Großmutter erfahren und macht sich kurzerhand auf nach Schlesien. Sie erhofft sich Antworten und möchte unbedingt erfahren, wie ihre Großmutter damals dort gelebt hat und was sie so erschütterte, dass sie nie wieder einen Fuß in das heutige Polen gesetzt hat. Dabei stößt sie auch auf Geheimnisse, die nie ans Tageslicht kommen sollten und so verwirrt und verstört zurücklassen. Kann Laura das Rätsel um Ännes Weggang aufklären? Woher kommt ihre Großmutter und wieso hat sie so große Angst vor der Vergangenheit?

Ihr müsst wissen, dass ich gerne mal einen Roman lese, der historische Ereignisse wiedergibt und in letzter Zeit landen viele Bücher mit Geschichten über den 2. Weltkrieg auf meinem Bücherstapel. Mich hat der Klappentext gleich gefesselt, da auch meine Familie damals aus Schlesien geflohen ist und in der Nähe von Frankfurt weitergemacht hat. Ich fühlte mich also gleich sehr verbunden mit Änne, Ellen (Lauras Mutter) und Laura selbst. Auch ich möchte schon lange mehr über die Vergangenheit meiner, leider bereits verstorbenen, Vorfahren erfahren. Dass Laura diesen großen Schritt wagt und nach Schlesien fährt um Antworten zu finden, finde ich so mutig und total inspirierend. Nachdem ich das Buch beendet hatte, wusste ich, dass ich es ihr unbedingt gleichtun möchte. Vielleicht, eines Tages, irgendwann möchte ich auch nach Schlesien fahren, die alte Heimat meiner Verwandten besuchen und sehen, wo und wie sie damals gelebt haben. Ich finde das richtig spannend und die Neugierde hat mich gepackt. Toll finde ich, dass das Buch zwei Sichtweisen hat. Die der Vergangenheit (man erfährt über Ännes Leben mit ihrer Familie auf ihrem Hof) und der Gegenwart (Änne, Ellen und Laura im Frankfurt 2019). So ergänzt sich die Geschichte super und man bekommt mit jedem weiteren Kapitel ein neues Puzzleteil geliefert. Auch den Schreibstil fand ich hier angenehm und ich kam super durch das Buch. Ich habe mir trotzdem etwas länger Zeit gelassen mit dem Lesen, da ich diese Geschichte einfach voll und ganz fühlen wollte. Ich fühlte mich den Charakteren und der ganzen Story so verbunden, dass es schon fast beängstigend war. Schon lange ist es mir bei einem Buch dieses Genres nicht mehr so gegangen. Mit der Auflösung bin ich auch zufrieden, wobei das Ende doch etwas schnell kam. Die Geschichte wurde lange und breit aufgebaut, das Ende flachte jedoch ziemlich schnell ab. Aber was gibt es auch mehr zu erzählen, als das, was Miriam Georg uns geschrieben hat? Richtig, nichts. Denn so war es und so endet es eben. Mich hat das Buch total berührt und es hallt sicher noch eine lange Zeit in mir nach.