Nichts ist, wie es scheint

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Änne und Luise sind ein Zwillingspaar, das unterschiedlicher im Charakter nicht sein könnte. Trotz ihrer verblüffenden äußeren Ähnlichkeit wirken sie völlig unterschiedlich auf ihre Mitmenschen. Während die eine immer strahlt und Lebensfreude versprüht, besitzt Änne ein eher düsteres Gemüt, fühlt sich vielleicht gerade durch ihre missmutige Ausstrahlung untrennbar verbunden mit ihrer immer freundlichen Schwester Luise. Sie wachsen auf einem großen Landgut in Schlesien auf. Ihre Jugendjahre fallen in die Zeit der letzten Jahre des Zweiten Weltkriegs. Der Vater ist unnahbar streng, trägt die Verantwortung für den laufenden Betrieb allein, duldet keine Widerrede und hat zwangsverpflichtete Fremdarbeiter als auch Kriegsgefangene als billige Arbeitskräfte, die für die seit mehreren Generationen ansässige deutschsprachige Familie schuften müssen und ein armseliges Leben führen, unter seiner Obhut. Als eines Tages ein scheinbar russischer Kriegsgefangener, ein junger, völlig abgemagerter aber gutaussehender Mann dem Gutshof für Frondienste zugeteilt wird, ändert sich das Leben der beiden Schwestern grundlegend mit prägender schicksalhafter Gestaltung ihrer Zukunft.
Miriam Georg ist eine Geschichtenerzählerin, die es vermag zu fesseln, zu unterhalten, Spannung aufzubauen und nicht zuletzt auch informativ geschichtliche Ereignisse lebensnah zu verpacken. In ‘Die Verlorene‘ verarbeitet sie persönliche Aufzeichnungen und Berichte ihrer Großeltern. Sie weiß, dass die ältere Generation ungern über die Zeiten der Vertreibung und des Neubeginns mit verletzender Ausgrenzung berichtete. Sie schwiegen über die Gräueltaten, die sie erdulden mussten, aber auch über ihr Leben in den ehemaligen Ostgebieten wurde nicht viel berichtet. So begeben sich Laura und Ellen in dem Roman auf Erkundungstour in die Vergangenheit, um die Rätsel, die ihnen ihre Großmutter und Mutter aufgegeben hat zu lösen. Doch nichts ist wie es scheint.
Die Autorin liefert eine berührende Geschichte, die mit vielen rätselhaften Gegebenheiten, unerwarteten Wendungen, verblüffenden Tatsachen ausgestattet ist und ein Teil unserer deutschen Geschichte darstellt. Schon aus diesem Grund finde ich den Roman lesenswert.