Von Verlust und der Suche nach Zugehörigkeit
Miriam Georg hat einen unheimlich fesselnden und tiefgründigen Roman vorgelegt. Er ist ein wenig anders als ihre bisherigen Werke, so spielt er auf zwei Zeitebenen (kurz vor Ende des 2. Weltkrieges und 2019) und er geht mit seinen Emotionen so tief beim Lesen, ich musste oft schlucken und es berührte mich so stark. Es hat mich sehr nachdenklich zurückgelassen, gerne würde ich heute auch mehr aus meiner eigenen Familiengeschichte wissen, nur leider geht dieses ebenfalls nicht mehr. Daher fühle ich mich Miriam Georg, die einiges über ihre eigenen Gedanken im Nachwort mit dem Leser zu ihrer eigenen Familiengeschichte und ihre Recherchen teilt, sehr verbunden. Grundlage bzw. Inspirationen zu dem Roman bildete nämlich ein Teil ihrer eigenen Familiengeschichte. Mit dem Tode der 93jährigen Änne und dem Sichten ihres Nachlasses wir der Drang für ihre junge Enkelin Laura übermächtig mehr über die eigene Familiengeschichte in Erfahrung zu bringen. Änne hat kurz vor ihrem Tod ein selbst gemaltes Bild aus Schlesien erhalten, auf dem sie abgebildet ist. Auch findet Laura und ihre Mutter Ellen im Nachlass eine halbe Fotografie aus Änne‘s Kindheit, die ihr sehr ähnlich sieht, jedoch auf der Rückseite steht der Name „Luise“. Diesen Namen kennen beide aber nicht. Laura macht sich schließlich auf den Weg nach Schlesien zu dem alten Pappelhof, auf dem Änne als Kind lebte. Ellen folgt ihr und zusammen versuchen sie die Zusammenhänge der Familiengeschichte um Änne zu ergründen. Dieses gestaltet sich schwierig, denn auf dem Pappelhof wohnt kein Verwandter mehr, aber die beiden erhalten dennoch dort die Gelegenheit dem Familiengeheimnis auf die Spur zu kommen. Gleichzeitig wird in Rückblenden die Familiengeschichte vor dem Leser ausgerollt, dieses so spannend aus der Sicht der unterschiedlichen Beteiligten, in einer ruhigen, klaren Sprache, aber die so tiefgehend Emotionen hervorrufen kann, dass ich gebannt diese Geschichte gelesen habe. Natürlich dachte ich häufig, ich kann die Zusammenhänge erkennen, aber als ich das Buch am Ende geschlossen habe, konnte ich sagen, ich wusste bisweilen nicht sehr viel. Dazu hat Miriam Georg mich als Leser so gut immer tiefer in diese Familiengeschichte mitgenommen, in der also nicht viel so war, wie es bisweilen jeweils schien. Eine grandiose Geschichte, die mich absolut begeistert zurücklässt, auch wenn es ernste und sehr emotionale Themen beinhaltete. Für Leser, die historische Romane auf zwei Zeitebenen mögen und nicht scheuen, ernste und sehr emotionale Blicke in die Vergangenheit zu werfen. Für mich ein Jahreshighlight.