Zwei Zeitebenen
Viele Kinder aus den letzten Kriegsjahren kennen nicht ihre komplette Familiengeschichte. Teils wachsen die Kinder ohne Vater oder bei Adoptiveltern auf und erfahren die Wahrheit erst Jahre später. So auch in „Die Verlorene“ von Miriam Georg.
Lauras Großmutter Änne stirbt nach einem Sturz. In ihren Nachlass finden sich Dokumente, die Laura und ihre Mutter Helen stutzig machen. Die Enkelin begibt sich auf Spurensuche in Schlesien…
Im Schlesien der 1940er Jahre lebt Änne mit ihrer Zwillingsschwester Louise und den Eltern. Zwangsenteignung, Tod, Armut und Kriegsgefangene als Arbeitskräfte stehen auf der Tagesordnung. Doch was sind das für Anfälle, die Änne hat? Und warum muss sie sich verstecken?
Ich finde den Roman sehr beeindruckend. Es gelingt, eine Brücke zwischen den damaligen Schlesien und Deutschland in der Gegenwart zu bauen. Änne und Laura sind starke Protagonistinnen auf der Suche nach Wahrheit, was damals wie heute ein relevantes Thema ist. Georg gelingt es, die beiden Zeitebenen durch Themen wie Familie, Schwangerschaft, Generationskonflikte und Ähnliches zu verweben. Jede Zeit stellt die Probleme auf ihre Weise dar, aber im Kern sind sie ähnlich.
Schlimm finde ich persönlich, dass Änne sich damals verstecken musste und selber nie erfahren hat, warum. Sicher, Kinder mit körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen wurden damals getötet, aus heutiger Sicht versteht man das Versteckspiel, aber Änne war sich über ihre Krankheit nicht selber bewusst. Sie hatte nicht die Möglichkeit, sich behandeln zu lassen- auch später nicht, als es Therapie gab.
Ein weiterer für mich wichtiger Aspekt ist der Fakt, dass generell nicht aufgearbeitet wurde. Laura und Helen wissen gar nichts über die Jugend ihrer Mutter und Oma. So viel Wirrwarr ist zwar nicht unüblich, allerdings sehr belastend. Auch für Änne muss es eine Qual gewesen sein, nie darüber zu sprechen. Sie kannte es vermutlich durch das Versteckspiel nicht anders, allerdings führen mir gerade solche Geschichten vor Augen, wie drastisch es damals war.
Ich mochte den Roman sehr gerne. Nicht zu aufgeregt, aber mit der nötigen Distanz und Tiefe wird von einer Familie berichtet, die exemplarisch für viele steht. Ich gebe fünf Sterne.
Lauras Großmutter Änne stirbt nach einem Sturz. In ihren Nachlass finden sich Dokumente, die Laura und ihre Mutter Helen stutzig machen. Die Enkelin begibt sich auf Spurensuche in Schlesien…
Im Schlesien der 1940er Jahre lebt Änne mit ihrer Zwillingsschwester Louise und den Eltern. Zwangsenteignung, Tod, Armut und Kriegsgefangene als Arbeitskräfte stehen auf der Tagesordnung. Doch was sind das für Anfälle, die Änne hat? Und warum muss sie sich verstecken?
Ich finde den Roman sehr beeindruckend. Es gelingt, eine Brücke zwischen den damaligen Schlesien und Deutschland in der Gegenwart zu bauen. Änne und Laura sind starke Protagonistinnen auf der Suche nach Wahrheit, was damals wie heute ein relevantes Thema ist. Georg gelingt es, die beiden Zeitebenen durch Themen wie Familie, Schwangerschaft, Generationskonflikte und Ähnliches zu verweben. Jede Zeit stellt die Probleme auf ihre Weise dar, aber im Kern sind sie ähnlich.
Schlimm finde ich persönlich, dass Änne sich damals verstecken musste und selber nie erfahren hat, warum. Sicher, Kinder mit körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen wurden damals getötet, aus heutiger Sicht versteht man das Versteckspiel, aber Änne war sich über ihre Krankheit nicht selber bewusst. Sie hatte nicht die Möglichkeit, sich behandeln zu lassen- auch später nicht, als es Therapie gab.
Ein weiterer für mich wichtiger Aspekt ist der Fakt, dass generell nicht aufgearbeitet wurde. Laura und Helen wissen gar nichts über die Jugend ihrer Mutter und Oma. So viel Wirrwarr ist zwar nicht unüblich, allerdings sehr belastend. Auch für Änne muss es eine Qual gewesen sein, nie darüber zu sprechen. Sie kannte es vermutlich durch das Versteckspiel nicht anders, allerdings führen mir gerade solche Geschichten vor Augen, wie drastisch es damals war.
Ich mochte den Roman sehr gerne. Nicht zu aufgeregt, aber mit der nötigen Distanz und Tiefe wird von einer Familie berichtet, die exemplarisch für viele steht. Ich gebe fünf Sterne.