Schwacher Reihenauftakt.

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brombeere Avatar

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Worum geht es?
Jonah Colley wird von einem alten Freund in eine verlassene Halle am Hafen bestellt. Doch dort trifft Colley nicht nur auf dessen Leiche, sondern auch auf eine fast tote Frau. Als er versucht ihr zu helfen wird er niedergeschlagen.

Worum geht es wirklich?
Suche, Vergangenheit und Schuld.

Lesenswert?
Oh, eine schwere Frage. Ich denke ja, wenn man Becketts Bücher mag. Für mich persönlich: nein. Bin eher enttäuscht von diesem Reihenauftakt. Daher ist das hier auch nur meine ganz subjektive Meinung, die vermutlich alles andere als durchschnittlich sein wird.
Zuerst die positiven Dinge: Der Schreibstil ist gewohnt angenehm, regt super zum Weiterlesen an und erzeugt Spannung. Vermutlich der Hauptgrund, warum ich immer wieder zu Becketts Büchern greife, auch wenn sie mich dann nicht selten enttäuschen. Cover finde ich ebenfalls gut gewählt, es passt zu Becketts anderen Werken ohne der Hunter-Reihe zu ähnlich zu sehen. Generell sehr schön, dass hier eine neue Reihe gestartet wird. In Bezug auf Details zu Leichen und Verletzungen ist Beckett in dieser Reihe definitiv zurückhaltender als bei Hunter.
Eher neutral war für mich der Plot. Der war okay, zwischendrin auch etwas langatmig und ohne richtiges Vorankommen, dann kam aber wieder Schwung und Spannung in die Handlung. Immer wieder habe ich mich jedoch gefragt, ob ich wirklich interessiert genug am Weiterlesen bin oder ob ich es einfach abbreche. Durchgezogen habe ich es final dann doch noch.
Nun die Kritikpunkte: Zum einen - und ich finde das geht gar nicht - ist der Klappentext des Hörbuchs (Stand 07/2021) völlig irreführend und verrät meiner Meinung nach auch schon viel zu viel Handlung. Der greift so unglaublich vorweg! Da ist der Klappentext für das Buch/E-Book viel treffender und sinnvoller formuliert.
Dann zu dem Protagonisten: Jonah war mir nicht sympathisch. Ja, er hat einen persönlichen Verlust erlebt und ist daher sicher bei einigen Dingen nicht objektiv. Aber immer wieder bringt er sich in gefährliche Situationen, die er auch als solche einschätzt und lernt dennoch nicht daraus. Immer wieder nachts alleine in verlassenen Gegenden. Zu Beginn des Buches wird er verletzt, sodass er die restlichen Ermittlungen, die er auf eigene Faust anstellt, mit Krücken absolviert. Was einfach völlig überzogen und übermenschlich wirkt. Er kämpft mit den Krücken gegen andere Menschen, er stürzt mehrmals, er verletzt sich die verletzte Stelle erneut und kann trotzdem noch weiter agieren. Fand ich einfach sehr unglaubwürdig und die nicht vorhandene Lernfähigkeit höchst nervig. Zeitgleich hat er dann noch Gedanken, eine Jugendgang „aufzumischen, sich an ihnen abzureagieren“ - was für ein unsympathischer Mensch?! Generell werden eher stereotype Figuren verwendet und diese oft auf ihre Äußerlichkeit begrenzt: Da gibt es einen mehrgewichtigen Mann, dessen Gewicht eigentlich kaum eine Rolle spielt, der aber in der ersten Szene immer nur als „der Dicke“ auftritt. „Der Dicke sagte, der Dicke machte, der Dicke lachte.“ Finde ich unnötig. Genauso wirken viele der weiblichen Figuren nur als Sidekicks, die entweder hysterisch dargestellt sind oder deren „Fickbarkeit“ bewertet werden muss. Zuletzt ein weiterer Charakter, dessen Beschreibung ich fragwürdig fand: Da gibt es den ermittelnden Polizisten, der Brandnarben hat, der zudem sehr unsympathisch dargestellt wird und dessen Äußeres immer wieder als erschreckend beschrieben wird. Muss das wirklich sein? Muss man solch gängigen Stereotype noch aufrecht erhalten?
Alles in allem für mich dann eher ein schwaches Buch.