Ottilie und Ida

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bücherliebe74 Avatar

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Ida, 29 Jahre alt, Autorin, lebt in der Stadt in einem tristen Wohnkomplex. Niemand interessiert sich dafür, wer nebenan lebt. Ihr einziger Kontakt ist der Postbote, ihre Bücher die einzige Gesellschaft in ihrer Wohnung, die sie Baracke nennt.
Seit 4 Monaten ist sie nun "wortlos", sie hat eine Schreibblockade. Und langsam geht ihr das Geld aus und ihre Selbstzweifel nehmen zu. So meldet sie sich auf eine Annonce, in der eine "Haushaltskraft für ein Anwesen im Grünen" gesucht wird. Ida findet sich in einem abgelegenen kleinen Ort wieder, der ebenso wortlos erscheint, wie sie sich fühlt. Auch wird sie von Ottilie Selig, der alten Dame, der "Madame - Herrin des papiernen Anwesen" sehr wortkarg empfangen. Das Anwesen stellt sich als großes, altes Haus heraus, mit unzähligen verstaubten und ungepflegten Zimmern, gefüllt mit unzähligen Büchern und Kunst. Trotz des abschreckenden Zustandes des Hauses verspürt Ida den Drang zu bleiben. Mit der Hoffnung, hier wieder zu ihren Worten zurückzufinden.
Ida kämpft sich nach und nach durch die Räume des Anwesens, befreit sie von Staub, putzt. Und langsam nähern sich Ottilie und Ida sich an und finden Worte füreinander.
Ottilie leidet unter "Lücken in den Gedanken" und mit der Zeit erkennt Ida eine Demenz dahinter. Zugewandt, fast liebevoll, nähert Ida sich Ottilie und deren Lebensgeschichte. Bricht nach und nach durch Ottilies anfängliche harte Schale aus Isolation und Einsamkeit. Und obwohl Generationen zwischen beiden Frauen liegen, gelingt eine beidseitige, fast herzliche, Zugewandtheit.

Das Cover in Pastelltönen mit dem Motiv aus Blumen und Büchern gefällt mir, und passt für mich zum Inhalt des Buches.
Mit ihrem klaren Schreibstil stellt Katharina Seck Themen wie Einsamkeit, Freundschaft, Verzeihen und auch Demenz verbunden in einer wunderschönen Geschichte in den Fokus. Stimmungen und Umstände sind lebensnah beschrieben und ich konnte den Staub und die lang verschlossenen Räume fast riechen. Der fließende Schreibstil machte mir das Lesen leicht. Die Geschichte um beide Frauen ließ mich nicht mehr los, ging mir zu Herzen, und wird noch eine Weile nachwirken.