Eine Apotheke für ein selbst bestimmtes Leben

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
zwischen.den.buchwelten Avatar

Von

Der Roman spielt in London und erzählt auf zwei Zeitebenen die Geschichte von drei Frauen. Im London des Jahres 1791 lernen wir Nella und Eliza kennen. Nella betreibt eine geheime Apotheke, in der sie Frauen, die von Männern Missbrauch oder Gewalt erfahren, Gift verkauft. Die 12-jährige Eliza wird im Auftrag ihrer Herrin zu Nella geschickt und wird deren Leben auf dramatische Weise beeinflussen. In der Gegenwart begleiten wir Caroline, die gerade in einer schweren persönlichen Krise steckt und die durch Zufall auf die Spuren von Nellas und Elizas Geschichte stößt.

Die drei Protagonistinnen sind sehr lebendig beschrieben und ich konnte mit allen dreien mitfühlen. Natürlich ist das was Nella tut nicht richtig, aber nach und nach erfahren wir ihre persönliche Geschichte, die traurig und tragisch ist und sie letztlich zu der Person gemacht hat, die anderen Frauen Gift verkauft. Denn welche anderen Möglichkeit hatte eine Frau sonst im 18. Jahrhundert, sich gegen einen Mann zur Wehr zu setzen? Letztendlich bezahl Nella einen hohen Preis für ihr Tun, ist sie doch mit Anfang 40 gesundheitlich bereits am Ende.
Eliza war ebenfalls ein schön geschriebener Charakter. Ich mochte ihre Wissbegierde und schnelle Auffassungsgabe. Man merkte, dass sie an der Schwelle vom Kind zur Frau steht. Tragisch ist in diesem Zusammenhang, dass ihr kindlicher Glaube an Magie und das Übernatürliche und ihre fehlende sexuelle Aufklärung den Beginn einer unglücklichen Kette von Ereignissen bildet, auf deren Spuren schließlich Caroline 200 Jahre später stößt.
Die Amerikanerin Caroline wollte eigentlich ihrem 10.Hochzeitstag gemeinsam mit ihrem Mann in London feiern. Nun tritt sie diese Reise allein an, nachdem sie von dessen Seitensprung erfahren hat. Carolines Verletzt- und Verlorenheit ist sehr gut rübergekommen. Vor allem die Zerrissenheit zwischen ihrem aktuellen - sicheren und vorhersehbaren Leben - sowie den Träumen und Sehnsüchten, die sie früher einmal hatte, waren einfühlsam erzählt. Ich fand es schön mitzuerleben, wie sie in London aufblühte und jene Seiten an ihr wiederentdeckt, die sie lange verloren glaubt. Ihre Entwicklung war toll, wenngleich es auch ein bisschen schnell ging.

Mir haben Aufbau und Ablauf der Handlung sehr gefallen. Geschickt wird anhand der Spurensuche von Caroline nach und nach die Gesichte von Nella und Eliza offenbart. Die Kapitel des Buches wechseln dabei immer zwischen den drei Figuren und werden jeweils in der Ich-Perspektive erzählt. Für mich ist das eine hervorragende Erzählweise, denn man ist immer nah den Figuren und hat doch unterschiedliche Perspektiven. Carolines Storyarc fand ich gegen Ende ein bisschen weit hergeholt und auch ihre Reaktion, als es für sie brenzlig wird, konnte ich nicht ganz nachvollziehen. Aber sei’s drum, das hat mir die Freude an der Gesamtgeschichte nicht genommen.
Auch wenn sich bei diesem Buch eigentlich nicht um einen Fantasy-Roman handelt, so hat das Ende doch einen leicht fantastisch-mystischen Nachklang. Für mich hat das sehr gut zu der Geschichte gepasst und mir rundum gefallen.

Fazit. Der Roman ‚Die versteckte Apotheke‘ hat nicht nur ein wunderschönes Cover sondern besticht auch mit einem hohen Spannungsbogen. Die Geschichte der portraitierten Frauen ist nachvollziehbar und einfühlsam erzählt. Für mich eine gelungene Mischung aus Krimi und Historienroman. Leseempfehlung.