Liest sich wie ein Krimi

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Schon der Titel „Die versteckte Apotheke“ lässt ja vermuten, dass die Handlung etwas mit (einst) verbotenen Arzneien zu tun haben könnte. Und tatsächlich ist dies ein Teil der Handlung. Denn der erste Handlungsstrang der Geschichte spielt im London des ausgehenden 18. Jh., wo Frauen für ihre diversen Problemstellungen (von Kinderwunsch bis zum Gegenteil teils nach Gewalt) schnelle und ich nenne es mal „unbürokratische“ Hilfe von der Apothekerin Nella bekommen. Der zweite Handlungsstrang spielt ca. 200 Jahre später und setzt damit ein, dass die an ihrem Hochzeitstag ohne Göttergatten auf Reisen befindliche Caroline beim sogenannten „mudlarking“ zunächst auf eine Phiole und die ihr innewohnende Geschichte von Nella stößt. Je tiefer sie im nicht nur sprichwörtlichen Schlamm buddelt, desto weiter öffnen sich ihr Chancen, aber auch Abgründe tun sich auf …

Sarah Penner hatte mich eigentlich schon mit der Anlage der Geschichte: Solche Geschichten mit 2 Handlungssträngen in verschiedenen Jahrhunderten sind immer reizvoll, weil sich erst nach und nach auftut, wie ein Handlungsstrang sich entwickelt, welche Parallelen und Unterschiede es gibt. Dann stellt sich eigentlich nur die Frage, ob der Autor das geschickt umsetzt – und hier gelang das weitestgehend. Das beginnt mit der Auswahl der Figuren, den Zeiten und dem Setting: eine Apothekerin, deren Machenschaften von einer Historikerin durchleuchtet werden, die wegen der Affäre ihres Mannes zwar zunächst nur enttäuscht, sauer, emotionsgeladen ist, mit der Zeit aber nicht übel Lust hätte, sich ihres untreuen Ehemannes gar zu entledigen … das hat was. Auch die Welten der altertümlichen Pharmazie und der Londoner Archive gehen gut zusammen. In beider Frauen Leben gab es ein einschneidendes Erlebnis, das vieles änderte. Es dreht sich letztlich alles um Frauen: sie sind Opfer, Täter, Planende; Männer dienen letztlich nur als Staffage. Das funktioniert zwar, ist aber etwas einseitig. Aber wie gesagt, es funktioniert, und zwar vor allem in Bezug auf Nella, wo man stets wissen wollte, was ihr passiert ist, dass sie ihrem geleisteten Apothekerschwur abschwor. Zwar wird die Geschichte nicht als „Krimi“, sondern als „Roman“ eingestuft, aber so weit entfernt davon ist sie nicht … denn wie die Stränge verwoben sind, wie sich die Spannung durch stückweises Aufdecken steigert, wie flüssig lesbar das alles ist (ohne dabei zu simpel zu sein, denn allein wie sich gegenwärtige von 18.-Jh.-Passagen unterscheiden, ohne künstlich zu wirken, ist nicht nur eine Leistung der Autorin, sondern auch der Übersetzung), das liest sich wie ein Krimi und unterhält während der Lesedauer durchaus.