Außergewöhnlich und mit Tiefgang

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
cracklinrosie Avatar

Von

Frank Petersen ist mit ganzem Herzen Richter, aber in den letzten Jahren hat er begonnen, an sich selbst zu zweifeln. Einige seiner Urteile wurden vom BGH aufgehoben und er ist sich nicht sicher, ob er seinen Beruf noch so ausübt, wie er es von sich selbst erwartet. Sein letztes Urteil ist so umstritten, dass sogar seine Frau sich von ihm abwendet und ihn mitsamt Sohn verlässt. Obwohl er sicher ist, dass er gemäß Gesetz und besten Gewissens vorurteilsfrei geurteilt hat. Auch dieser Fall kommt vor den Bundesgerichtshof und dessen Entscheidung steht zu erwarten. Petersen überlegt, seinen Beruf an den Nagel zu hängen.

Es fällt nicht ganz leicht, dieses Buch zu rezensieren, ohne zu viel vom Inhalt zu verraten. Die Misere begann für ihn, als 2010 kurz vor seiner Urteilsverkündung der angeklagte Täter aus dem rechten Milieu von der Mutter des Opfers im Gerichtssaal erschossen wird. Seitdem fragt er sich, ob er einen Fehler machte, ob er diese Tat hätte verhindern können. Nun, im Jahr 2015, wird die Täterin aus der Haft entlassen und alles droht Petersen erneut zu überrollen.

Dieses Buch ist von einem Thriller sicherlich weit entfernt. Es ist eher eine Analyse - sowohl der Psyche des Richters als auch des Justizsystems. Parallel erzählt das Buch in 3 Erzählsträngen unterschiedlicher Zeiten und erst im Verlauf der Geschichte erfährt der/die Lesende, wie alles aufeinander aufbaut und miteinander verbunden ist.
Interessant ist, dass die Protagonisten teils an den realen Fällen Bachmeier und Kiowa angelehnt sind. Das sollte einem vielleicht bewusst machen, dass das Geschilderte nicht nur abenteuerliche Fiktion ist, sondern jederzeit überall passieren kann.
Der Schreibstil ist überraschend gut und sehr eingängig. Die Charaktere sind wirklich gut heraus gearbeitet und ich konnte mich in jede der Personen hervorragend einfühlen. Und das ohne jede übermäßige Rührseligkeit und bei entsprechender Sachlichkeit. Die Gedankengänge und Gefühle waren schlichtweg nachvollziehbar und in meinen Augen sehr tiefgehend.

Fazit: Ein ruhiges Buch, dass ich nur jedem ans Herz legen kann, der etwas über die Problematik von Urteilsfindung und -tragweite lesen möchte.