Die Wahrheit ist für jeden etwas Anderes

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justm. Avatar

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Ein Strafrichter, der an der Wahrheit, der an sich selbst und seinem Urteilsvermögen zweifelt - keine gute Voraussetzung um den eigenen Job weiter auszuüben.
Und so findet sich Frank Petersen nach seinem letzten Urteil plötzlich allein, ohne Frau und Sohn, wieder und stellt fest, daß sein Leben schon vor ein paar Jahren aus den Fugen geraten ist: damals erschoß, in seinem Gerichtssaal, die Nebenklägerin den vermeintlichen Mörder ihres Sohnes. Und Petersen hat diese Tat nie verarbeiten können.


Wer sich nach dieser kurzen Beschreibung an den Fall Marianne Bachmeier erinnert fühlt, liegt goldrichtig. Er wird, als einer von zwei wahren deutschen Rechtsfällen, als Inspirationen für dieses Buch genannt.
Der andere, ist der Fall Amadeu Antonio Kiowa - der Mord an einem Farbigen, der nie als Mord verhandelt wurde.

Der Erzählstrang um Fremdenfeindlichkeit und die damit verbundene Spaltung in der deutschen Gesellschaft wird hier also mit dem Erzählstrang der vermeintlichen Selbstjustiz verwoben.


"Die Wahrheit der Dinge" ist so ein Roman, der auf weniger als 300 Seiten, auf zwei zeitlichen Ebenen nicht nur die Geschichte eines an sich selbst zweifelnden Richters auf der Suche nach (seiner) Wahrheit erzählt, sondern vor allem die Geschichte einer Frau, deren Schicksal es nie gut mit ihr gemeint hat und deren Folgen, sie letzten Endes, ungewollt, mit dem Leben von Frank Petersen verbinden.

Dabei schafft es der glatte, und dem Setting angepasste "nordische", ein wenig ruppige, Schreibstil, daß man gut und gerne das Buch in einem Rutsch lesen kann, auch wenn die Unterteilung in Kapitel (und die unterschiedlichen Zeitebenen), theoretisch auch immer wieder für einen guten Punkt zum Unterbrechen sorgen.

Trotz des guten Aufbaus der Geschichte, die erst nach und nach, die Geschehnisse der Vergangenheit auch dem Leser offenbart, schafft es Markus Thiele letzten Endes nicht mich zu begeistern.
Das ist nicht dem Schreibstil, sondern wohl eher der eigentlichen Geschichte geschuldet, die mich einfach nicht mitgenommen hat. Dafür waren wohl auch die Protagonisten, trotz vermeintlicher Makel, zu glatt und unnahbar.
Dazu kommt, daß ich mit dem Gefühl zurückbleibe, daß keinem dem beiden Erzählstränge wirklich genüge getan wurde.

Fazit: Wer Geschichten auf True Crime basierend, ohne wirklich Tiefe mag, ist hier vermutlich gut aufgehoben, wenn er weiß auf welchen wahren Fällen diese Geschichte aufbaut.