Recht und Gerechtigkeit ist nicht dasselbe

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buchlieberin Avatar

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Frank Petersen ist Richter, er verhandelt Strafsachen.
Sein Leben gerät aus den Fugen: Der BGH kritisiert ein paar seiner Urteile, Frau und Sohn ziehen "erstmal" aus. Petersen nimmt sich frei und versucht sich über seine Zukunft klar zu werden.
Ein Fall hängt ihm sehr nach. In seinem Gerichtsaal hat eine Frau, Corinna Maier, den mutmaßlichen Mörder ihres Sohnes erschossen. Kurz vor der Urteilsverkündung. Sie schien keine Hoffnung auf Gerechtigkeit zu haben.
Überhaupt wird in diesem Roman der Unterschied zwischen Recht und Gerechtigkeit zum Thema gemacht. Hier ist ein Richter, der versucht alle Hintergründe zu erfahren und ohne Vorurteile Recht zu sprechen. Im Rahmen der Gesetze und seiner Möglichkeiten.
Seine Frau nennt ihn selbstherrlich und rassistisch. Vor allem, als er den Vater der Freundin seines Sohnes verurteilt. Denn dieser ist Moslem, Petersens Frau und Sohn werfen ihm vor, dass er das Urteil nur gesprochen hat, weil er die Beziehung nicht gutheißt.
Neben den inneren Konflikten die Petersen austrägt, wird auch die Geschichte von Corinna Maier ausgerollt. Hier geht es um extremen Rassismus.
Um Roman werden zwei tatsächliche Gerichtsfälle miteinander verwoben. Zum einen der Fall der Marianne Bachmeier, sie erschoss den mutmaßlichen Mörder ihrer Tochter im Gerichtssaal. Zum anderen den von Amadeu Antonio Kiowa, er wurde 1990 in Eberswalde brutal ermordet. Er gilt als einer der ersten bekannten Todesopfer in Deutschland aufgrund rechtsextremer Gewalt.
Es gibt zwei Erzählstränge: Petersen in der Gegenwart und die Geschichte von Corinna Maier, wie sie erst den Mann und später den Sohn aufgrund von Gewalt verlor.
Das ist spannend inszeniert. Thiele ist selbst Rechtsanwalt und versucht auch die Gründe für das milde Urteil für die Mörder von Corinnas Mann zu ergründen. Er findet eine, die auch meinen Glauben an Gerechtigkeit ins Wanken bringt. Thiele beleuchtet im Roman verschiedene Perspektiven wodurch ich ein differenziertes Bild erhielt.
Der Stil erinnert an die Bücher von Schirach und ist literarisch vielleicht eher etwas schlichter gehalten. Trotzdem spannend zu lesen. Ich denke den Vorgänger des Autors, "Echo des Schweigens", werde ich auch lesen.