Spannendes Psychogramm eines Richters auf der Suche nach den Grenzen seines Selbstverständnisses

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tintenteufel Avatar

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Strafrichter Frank Petersen hat jahrzehntelang Recht gesprochen: Fakten sauber recherchiert, Argumente penibel abgewogen und seine Urteile wohl begründet nach bestem Wissen und Gewissen verkündet. Doch nun ist nichts mehr wie es war: Zwei Fälle lassen seine Gewissheit schwinden. Persönliche Betroffenheit und moralische Bedenken lassen ihn zweifeln. Auch seine Ehe kriselt, weil seine Frau Zweifel an seiner Unvoreingenommenheit hegt und seine Selbstgerechtigkeit nicht mehr erträgt.
Sein Blick weitet sich über das juristisch Relevante hinaus und er wird sich der Schicksalshaftigkeit seiner Urteile für alle Beteiligten umso stärker bewusst, je weiter ihm sein eigenes Privatleben entgleitet.
Ein berührender Roman im dem sich die Lebenslinien der Personen ebenso entfalten wie die vielschichtige Problematik von Gerechtigkeit und Moral, Objektivität und Empathie, tatsächlicher oder befürchteter Vorurteile wegen Hautfarbe und Religion. Sprachlich und psychologisch differenziert ein anspruchsvolles Lesevergnügen der besonderen Art!
Allerdings ist die völlige Konzentration auf den Richter unter Ausblendung anderer Protagonisten streckenweise unbefriedigend: So fehlt z.B. jeder Dialog mit seiner Ehefrau, seinem Sohn und anderen, die schon länger Zweifel an seiner Rechtsauffassung hegten. Über weite Strecken ist er der einsame Wolf auf der Suche nach der Wahrheit und erst gegen Ende sucht er dann Rat gerade bei der Frau, die er vor Jahren hinter Gitter brachte, und die ihm weder Rat noch Absolution erteilen will.