Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm

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Johanna ist nach 30 Jahren wieder in ihre alte Heimat gekommen und sucht nun Kontakt zu Mutter und Schwester. In einer einsamen Hütte am Fjord macht sie sich ihre Gedanken um ihre Kindheit, die Familie, die Geschehnisse. Immer wieder blockt die Schwester ab und Johanna ist sich sicher, die Mutter würde sehr gern mit ihr reden. Sie lässt nicht locker.

Zunächst ging ich davon aus, dass Johanna Unrecht getan wird, doch dann kommen schnell ein paar Infos, die mich nachdenken und irgendwann wütend werden lassen. Je mehr Johanna erzählt, desto mehr frage ich mich, wer sich hier die Wahrheiten so zurechtlegt, wie sie passend scheinen. Wirklich sympathisch ist sie mir deshalb nicht. Und doch funktioniert die Story! Denn genau so läuft das Leben. Man bekommt Wahrheiten erzählt und muss sondieren, ob sie so denn auch für einen selbst stimmen oder eben doch nicht. Insofern ist es auch mal richtig und wichtig, die Hauptperson gar nicht zu mögen.

Johanna plappert endlos vor sich hin, macht sich Gedanken, die sich verselbständigen und vieles ist nur das, was sie glaubt, dass geredet und gedacht wird von ihrer Mutter und ihrer Schwester. Dazwischen kommen dann reale Erinnerungen an ihre Kindheit. Die war, zugegeben, nicht perfekt, doch sicher auch keine gar so schlechte. Johanna war kein einfaches Kind. Nicht alle Sanktionen waren aus heutiger Sicht vertretbar, ganz klar. Dennoch frage ich mich, ob das Rechtfertigung für das ist, was sie erzählt. So wird Johanna irgendwann zur Stalkerin und hier verstehe ich ihre Gedanken dann schon gar nicht mehr. Sie redet, als wären nur ein paar Tage statt dreißig Jahren vergangen und das irritiert mich enorm. Dazu kommen die Zeitsprünge, die sie gedanklich macht, wenn sie erzählt. Da muss man ganz genau aufpassen, um nicht durcheinander zu kommen. Ganz langsam kommen Dinge zu Tage, die Johanna nie sehen wollte bzw. schlichtweg verschwiegen hat. Immer öfter musste ich fassungslos den Kopf schütteln.

Mich schockiert dieses Buch zutiefst. Aber ich erkenne an, dass Vigdis Hjorth das enorm gut hinbekommen hat. Vier Sterne!