Eine Mutter-Tochter-Beziehung mit vielen Wahrheiten

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missmarie Avatar

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"Mutter, ich erdichte dich mit Wörtern, um ein Bild von dir zu haben."

Vor dreißig Jahren hat Johanna Hals über Kopf ihre Familie und den Ehemann verlassen, um mit Mark in Utah ein neues Leben anzufangen - eines voller Kunst, das ihr auf gesellschaftliche Anerkennung bedachtes Elternhaus stets ablehnte. Deswegen gilt Johanne als schwarzes Schaf der Familie, noch mehr, seit ihre Bilder über Mutterschaft auch in der norwegischen Heimat ausgestellt wurden. Weder die Mutter, noch ihre Schwester Ruth haben seither noch Kontakt zu Johanna. Doch mit sechszig Jahren kehrt die Künstlerin in ihre Heimatstadt zurück, denn dort soll eine Retrospektive ihrer Werke ausgestellt werden. Mit der räumlichen Nähe zur Mutter hofft. wünscht und bangt Johanna auch um eine mögliche emotionale Annäherung.

Vigdis Hjorth erzählt in ,,Die Wahrheiten meiner Mutter" über die besondere Beziehung zwischen Eltern und ihren Kindern. Sie erzählt, wie dieses Band uns im Guten wie im Schlechten prägt und dass uns dich Familie auch dann nicht los lässt, wenn wir sie über Jahre nicht gesehen haben. Johanna erhebt schwere Anschuldigungen gegen die Mutter, erinnert sich an immer mehr Fehltritt der Frau, die für sie so viele Jahre verantwortlich war und der es nicht gelang, sich gegen den patriarchischen Ehemann zu stellen. Doch bei allen harten Worten versucht die Figur, auch Verständnis für das Leben der anderen aufzubringen. Allerdings fehlt ihr der tatsächliche Kontakt zur Mutter. Deswegen malt sie ein Bild mit Worten, füllt die Lücken mit Fantasie und findet Erklärungen, die nicht zuletzt Johanna das Leben erleichtern. Ob sie damit zur unzuverlässigen Erzählerin wird? Oder mehr von sich selbst Preis gibt, als sie zugeben mag?

Hjorths Kunst liegt darin, Wirklichkeiten und Wahrheiten von Mutter und Tochter verschwimmen zu lassen. Die Grenze zwischen Hinzugedachtem, Erinnertem und Erlebtem zu verwischen und damit - ähnlich wie es Johanna mit ihren Bildern tut - ein Bild von Mutterschaft zu zeichnen, in dessen Teilen eine universelle Aussage über das Muttersein verborgen ist.