Eine dysfunktionale Familie

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anneteekanne Avatar

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Cover:
Eine weite Schneefläche und die drei Geschwister nähern sich aus drei Richtungen an.

Zum Buch:
Jede Weihnachten treffen sich die Geschwister Tamara, Ingmar und Elizabeth bei ihren Eltern, um zusammen zu feiern. Aber zusammen und harmonisch ist das nicht, was dort immer wieder passiert. Tamara beleidigt jeden und versprüht ihr Gift. Ingmar sieht nur sich und seine Familie und meint, um jemand zu sein, muss man eine klare Linie fahren, auch wenn diese absurd ist. Und Elizabeth möchte eigentlich nur Weihnachten feiern und freut sich darauf ihren neuen Freund mitzubringen. Schon am 23sten explodiert die Hütte und es ist klar, diese Weihnachten muss es eine Entscheidung, ein Gespräch geben!

Meine Meinung:
Schon der Beginn des Buches zeigte, dass in dieser Familie zu Weihnachten keine Gefangen gemacht werden, es wird eher ein Weihnachts-Massaker.
Die große Schwester Tamara ist von ihrer eigenen Familie restlos genervt und unterfordert.
"Tamara wusste, dass ihre Stimme unerbittlich klang. Sie wusste es und sie hatte auch jedes Recht dazu. Sie hatte keine Lust mehr, all diese Menschen ununterbrochen anzutreiben, die nicht fähig waren, ohne sie klarzukommen." (Seite 12)

Der Bruder in der Mitte, ein Weichei? Ein Spießer?
"Aber was, wenn Siri erst mit ihrer Ausbildung fertig war und auf eigenen Beinen stand? Würde sie dann von ihm auch die Nase voll haben? Berufstätige Frauen waren echt gefährlich für Männer. Sah man ja an Elisabeth und ihren Ehen. Frauen, die arbeiteten, konnten sich trennen. Wann immer sie wollten. Na ja. Das waren so seine Gedanken."(Seite 58)
Und dann das Nesthäkchen Elizabeth. "Elisabeth war bereits zweimal geschieden und lachte noch immer. Kein Wunder. Sie traf ihre Entscheidungen – ohne Rücksicht auf Verluste – und zog sie durch. Eine schlechte Entscheidung. Dann eine gute. Dann wieder eine schlechte. Dann wieder eine gute. Es ging immer hin und her. Mit schier unverwüstlichem Selbstvertrauen. Jetzt hatte Elisabeth diesen neuen Freund, den Tamara sich gleich mal genauer anguckte, als er über die Schwelle ins Wohnzimmer trat."(Seite 14)

Ja, es fing gut an. Der Beginn wurde aus der Sicht von Tamara geschildert, aber dann verändert sich die Sichtweise des Lesers. Er wird reihum mit den Gedanken der Protagonisten konfrontiert. Und welche Überraschung, im Grunde wollen alle das Gleiche - ein harmonisches Weihnachtsfest und trotzdem tun sie alles (insbesondere Ingmar und Tamara), das es keines wird. Und warum? Weil sie beide engstirnige und egoistische Vorstellungen haben und mehr Angst vor der Außenwirkung, als vor Authentizität im Leben.

»Wie schön, dass wir uns endlich wiedersehen!«
Und es klang so echt und rein, total unbelastet, als ob Elisabeth gar nicht wüsste, was sie da eigentlich redete. Als hätte sie über die letzten beiden Jahrzehnte gar nicht mitbekommen, dass sie und Tamara durchaus ein problematisches Verhältnis zueinander hatten. Jetzt umarmten Elisabeths Kinder sie auch noch." (Seite 19)
Nur Elizabeth versucht nett zu sein und nicht aufzufallen. Denn sie versteht nicht, warum ihre Geschwister immer so auf ihr herumhacken.

Ihre Eltern spielen in diesem Stück zwar eine tragende, aber untergeordnete Rolle.
Aber sehr erheiternd fand ich, das die drei erwachsenen Kinder nun am Heiligabend auf dem Weg zu den Eltern sind, damit diese ihnen helfen, die vorhandene Probleme, Vorurteile und Hirngespinste aus dem Weg zu räumen.
Ich muss aber sagen, so wirklich wird das Problem nicht gelöst.

Fazit:
Unterhaltsam, gut zu lesen, aber ohne weiterführende Lösung.