Die Schatten der Vergangenheit

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Darum geht es:
Der Winter in Berlin 1946/47 ist hart, kalt und unbarmherzig. Auch mehr als ein Jahr nach Kriegsende liegt die Stadt noch in Trümmern, Lebensmittel sind rationiert und der eine Baum, der jedem zum Abholzen zugeteilt ist, schon längst verfeuert.
Die Fotografin Lou Faber läuft durch die Straßen auf der Suche nach einem Motiv, einem Bild, das sie evtl. an Magazine verkaufen kann. Dabei entdeckt sie in den Trümmern eines Hauses eine Frauenleiche mit vor dem Körper zusammengelegten Händen. Eine Haltung, die sie zu mehreren Fotos verleitet, ehe sie die Polizei ruft.
Kriminalkommissar Alfred König hat die letzten Kriegstage wegen Befehlsverweigerung im Gefängnis verbracht und sich so anscheinend das Vertrauen der Alliierten erworben, die »unbescholtene« Polizeibeamte für einen Neuanfang benötigen. Er ermittelt in diesem Fall und trifft auf die resolute Lou, die der Polizei nicht traut. Getrennt und doch gemeinsam folgen sie den Spuren, doch erst einige Leichen später kommt die ganze Tragödie ans Licht, die ihren Ursprung in den unsäglichen Taten der Nazizeit hat.

Mein Eindruck:
Trostlos, bitterkalt, verzweifelt mit einem Hauch Mut. So stellt sich mir Berlin am Ende des Jahres 1946 vor. Die Stadt und der Winter, das Misstrauen gegenüber den Mitmenschen und der Polizei, die »Überläufer«, die auf einmal nichts mehr mit dem Naziregime zu tun hatten. Die Zeiten nach dem Krieg werden eindrücklich und erfahrbar beschrieben. Lou und König haben sich beide klar gegen die Nazis gestellt und dafür gelitten und mit seelischen und körperlichen Schäden bezahlt. Trotzdem kämpfen sie sich durch die schweren Zeiten.
Die Krimihandlung ist solide erzählt, spannend bis zur Auflösung. Dennoch hat das Buch Längen, zum einen in einigen Kapiteln, die von einem Kriegsgefangenen im russischen Lager erzählen. Zum anderen bremsen die immer wieder ausführlich gezeigten schlimmen Verhältnisse, die Kälte, der Hunger beim Lesen aus. Irgendwann war es mir einfach zu viel. Ich hatte im ersten Teil des Buches schon ein gutes Bild von den schlimmen Lebensbedingungen. Da musste für mich nicht die x-te Beschreibung, wie kalt und unwirtlich die Situation war, auf einer ganzen Seite erzählt werden.

Fazit:
Ein Blick in das kalte Nachkriegsdeutschland in all seinen Widersprüchen. Zwei unterschiedliche Charaktere mit ihren eigenen Wunden aus der Kriegszeit, die sich wieder ins Leben kämpfen. Trotz einiger Längen ein gelungenes Buch und ein Auftakt, der neugierig macht auf mehr von Lou und König.