Auf der Flucht

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eckenmann Avatar

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Das Cover weist mir den Weg, dass die Natur wohl eine wichtige Rolle im Roman spielen wird. Es ist wie eine Einladung und zur Betrachtung geschaffen - ein Stilleben.

Der Einstieg ist fulminant, die Flucht des Mädchens - weg vom Fort und den Menschen hinein in die doch recht wilde Natur finde ich sehr hautnah beschrieben und eindrucksvoll mit all den Entbehrungen gefasst.
Die Autorin findet eine ungewöhnliche, teils derbe und direkte, teils sehr poetische Sprache, um das Schicksal der Romanheldin aufzuzeigen und zu entwickeln. Wortgewaltig und ungewöhnlich erwächst die Natur zu einer zweiten Heldin.
Bis zu einem gewissen Grade finde ich Protagonistin authentisch
- vor allem in ihren Aktionen des Verweilens, Versteckens und des Überlebens inmitten all der lauernden Gefahren. Hast, Unruhe und Bedrohungen sind sehr plastisch und leibhaftig gefasst - insbesondere in den ersten bis mittleren der 25 Kapitel des Buches.
Ich finde das individuelle Menschsein des Mädchens, ihre Körperhaftigkeit und das Erleben der Natur an vielen Stellen herausragend hautnah beschrieben.
Der Plot mäandert mir aber dann irgendwann zu sehr, die Story kreist um sich und die Authentizität verliert, wenn Eingebungen oder die Stimme das in sehr einfachen Verhältnissen bildungsfern aufgewachsenen Mädchens sehr dichte teils philosophisch anmutende Passagen äußert. Als wäre da eine Stimme aus dem Off.
Zunehmend erwächst bei mir der Eindruck, dass es glückliche Fügungen und Eingebungen sind, die das Mädchen umgeben von wilden Tieren und gefährlichen Pflanzen über- und weiterleben lassen.
Dabei verzichtet die Autorin fast durchgehend auf direkte Dialoge und zeichnet das nackte Überleben körperlich detailliert auf.
Rückblenden flechten immer wieder die diversen Schicksalsschläge des Pilger-Mädchens ein und runden das Ganze zu einem Bild ab.
Grausamkeit und Willkür nehmen mir dann aber überhand, immer weiter entfernt sich die Fliehende von den Menschen, einzig die kleine kranke Bess, die sie bis zu deren Tod betreute, wärmt im Erinnern ihr Herz.
Verständlich ist mir anfangs und später mehr und mehr, dass sie weg(gehen) will sogar weg(rennen) muss, aber wo will sie denn hin?

In den letzten Kapiteln des Buches nehmen Visionen vom Verfall, Einsamkeit und Tod überhand, ich lese etliche Längen heraus und erhoffe mir für die Romanheldin menschliche Wesen am Wegesrand.

So bleiben mir am Ende vor allem Passagen des Bestaunens der Natur und als Serum gegen alle Widerwärtigkeiten eine insgeheime Sehnsucht nach menschlicher Begegnung in Erinnerung.