Eine viszerale, sinnliche Erfahrung!

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„Die Welt, das wusste das Mädchen, war noch schlimmer als wild, die Welt war gleichgültig. Es kümmerte sie nicht, was mit ihr geschah, es konnte sie nicht kümmern, nicht im Geringsten. Sie war ein Sandkorn, ein Sprenkel, ein Flugstaub im Spiel des Windes.“

Nordamerika im frühen 17. Jahrhundert: Sie ist auf der Flucht. Allein und frierend schlägt sich ein Mädchen durch die Wildnis. Vor ihr erstreckt sich das Unbekannte. Dieses Land ist ihr fremd, und doch vertrauter, wie sie jetzt weiß, als die Menschen, unter denen sie aufgewachsen ist, denen sie nun den Rücken kehrt und versucht der Hungersnot sowie ihrer Brutalität zu entkommen. Mit nur wenigen Gegenständen, die sie kurzentschlossen gestohlen hat, und einem Funken in ihrem Inneren, begibt sie sich auf ein Abenteuer – körperlich wie geistig –, um diese neue Welt für sich zu entdecken. Und während sie nun die Natur zu lesen lernt, erwächst etwas in ihr: ein anderer Sinn, eine Liebe, die nicht besitzergreifend ist. 

Kaum eine Autor:in versteht es Lesende so zu fesseln, sie zu einem Teil ihrer Geschichte zu machen wie Lauren Groff! Ihr Schreiben ist eine viszerale, sinnliche Erfahrung, ein Erlebnis vom ersten bis zum letzten Wort. Sie schildert das Leben und Erleben des Mädchens so detailliert, dass ich alle Geschehnisse sowie die Wildnis selbst auch fühlen, sehen, hören und sogar riechen konnte. Ich habe erlebt, was sie erlebt hat – durch sie und mit ihr. Dabei ist „Die weite Wildnis“ stilistisch und inhaltlich eine kraftvolle Erzählung von eindringlicher Schönheit, lyrisch und glanzvoll, lebt von Zwischentönen und Kontrasten. Ich habe es geliebt das Mädchen auf ihrer Reise zu begleiten, das frühe koloniale Amerika durch ihre Augen zu entdecken und ihren Gedanken über das Leben sowie Gott zu folgen. Groffs neuestes Werk ist für mich eine Art feministischer Abenteuerroman, ein facettenreiches Jahreshighlight! Etwas, das so neu und frisch ist, so besonders, das ich mich darin verloren habe und das mir – auch im Hinblick auf die fantastische Übersetzung von Stefanie Jacobs – nach der Lektüre noch lange in bester Erinnerung bleiben wird! Große Leseempfehlung!