Flucht in die Wildnis

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luzias_leseleben Avatar

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Mit „Matrix“ konnte Lauren Groff mich begeistern, dieser Roman ist eher enttäuschend.

Ein junges Mädchen ist auf der Flucht in die Wildnis. Das wenige, das sie bei sich trägt, hat sie sich hastig zusammengestohlen.
So beginnt der neue Roman von Lauren Groff. Wir befinden uns im frühen 17. Jahrhundert, in der Welt der englischen Siedler, die sich in die unbekannte neue Welt Amerikas aufgemacht haben.
Während das zunächst namenlose Mädchen sich durch die erbarmungslose Wildnis bewegt, auf dem Weg nach Norden, wo sie auf die freundlicheren Franzosen hofft, erfahren wir in Rückblenden ihre Geschichte.
Als Kind wurde sie von der Frau eines Goldschmieds aus dem Waisenhaus geholt, um als Dienstmagd, oder eher als Sklavin, zur Verfügung zu stehen. Sie erfährt Demütigungen und Gewalt, kümmert sich aber voller Hingabe um die jüngste, wahrscheinlich geistig beeinträchtigte Tochter des Hauses.
Als der zweite Ehemann der Dienstherrin beschließt, sich den Eroberern der neuen Welt anzuschließen, beginnt eine Zeit der Entbehrungen, der Krankheit und des Hungers für alle Beteiligten.

Lauren Groff nutzt in diesem Roman eine altertümliche, poetische Sprache, die vielleicht zu der Zeit passt, in der der Roman spielt, aber nicht zu den Gedanken des völlig ungebildeten, wenn auch intelligenten Mädchens.

„Die weite Wildnis“ reiht sich ein in die vielen Romane der letzten Jahre, in denen junge Frauen in die Wildnis fliehen, um sich dort zu behaupten („Flusskrebse“; „Soweit der Fluss uns trägt“; „Sal“ uvm.) Während in den meisten Büchern die Heldinnen eine Emanzipation erfahren und an Stärke gewinnen (oft romantisch verklärt), ist die Botschaft in diesem Buch durch und durch pessimistisch und hoffnungslos. Das Mädchen wählt bewusst die Einsamkeit und vermeidet den Kontakt zu den wenigen Menschen, die dort draußen leben. An einer Stelle phantasiert sie eine glücklichere Welt, die irgendwann einmal von den Menschen befreit sein wird.

Um die einfache Botschaft der schlechten und verkommenen Menschheit zu setzen, ist der Roman für mich zu langatmig. Krankheit, Entbehrungen, Frieren und Hunger sind zwar herzzerreißend, aber auch redundant.
Leider nicht der nächste erhofft tolle Roman der Autorin!