Über das Arbeiten in einer Welt der Umbrüche – informativ, kritisch, ermutigend

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
friede.freude.lesefuchs Avatar

Von

Das Buch „Die Welt geht unter, und ich muss trotzdem arbeiten?“ von Sara Weber ist der Kategorie Sachbuch zuzuordnen und hat einen wie ich finde doch recht provokanten jedoch auch treffenden Titel. Es geht um die heutige Arbeitswelt in Deutschland und weltweit, welche die Autorin kritisch hinterleuchtet. Dabei geht sie in drei Schritten wie folgt vor:
Teil 1 ist eine Bestandsaufnahme der Arbeitswelt, von der wir umgeben sind, die wir uns aber auch selbst erschaffen haben und der wir uns mehr oder weniger hingegeben haben. An der ein oder anderen Stelle war mir die Haltung der Autorin zunächst „zu dick aufgetragen“, zu pessimistisch, basierte für mich mir ihre Darstellung zu sehr auf einem schwarz-weiß-Denken. Doch nach einer Weile verstand ich, dass nur so die „Dramatik“ unseres Arbeitsalltags verdeutlicht werden kann. Dass es diese direkte Sprache braucht, um uns die Augen zu öffnen, damit wir erkennen, worauf wir mit unserem wirtschaftlichen Denken und Handeln geradewegs hinzusteuern. Warum das Bestreben nach immer mehr Profit und Macht uns mehr Schaden als Gewinn einbringt.
Teil 2 ist eine Art Gedankenexperiment, welches verschiedene Arbeitsmodelle und künftige Entwicklungen aufzeigt. Es handelt sich dabei um Szenerien, die (teilweise) unmöglich, jedoch ein wichtiger Denkanstoß sind, um zumindest gewisse Aspekte zu hinterfragen und im besten Fall zu verändern. Zwei Beispiele: „Was wäre, wenn wir überall arbeiten könnten?“ oder „Was wäre, wenn Arbeit wirklich geleichberechtigt wäre?“. Es geht bei diesen ideellen Perspektiven um die Arbeit, den Arbeitsplatz und –alltag selbst, doch auch um gesellschaftliche Themen wie Gleichberechtigung und Inklusion, und letztendlich auch um den ökologischen Aspekt, den man nicht außer Acht lassen kann, wenn es darum geht, wie wir Zukunft gestalten (möchten).
Den Abschluss bilden konkrete Handlungsvorschläge, die dabei helfen können unsere Arbeitswelt „besser“ zu machen und somit das Wohlergehen der Gesellschaft, und damit einhergehend das jedes einzelnen von uns, wie auch der Umwelt Stück für Stück zurückzugewinnen.
Der Inhalt des Buches ist zum Zeitpunkt, zu dem ich es gelesen habe (Dezember 2022) sehr aktuell. Die Corona-Epidemie und die damit verbundene(n) Krise(n) werden rückblickend betrachtet und in die Ausführungen miteinbezogen. Auch gefällt mir, dass die Autorin sowohl die freie Wirtschaft als auch den sozialen und pflegerischen Sektor (beide sind immer noch zu großen Teilen im öffentlichen Dienst angesiedelt), berücksichtigt. Sie hat zudem stets den Blick auf den Einzelnen und was der Arbeitsdruck mit demjenigen macht (Stichwort: Burnout) wie auch auf die Unternehmen (Stichwort: ). Sie geht auf die verschiedenen Generationen und Konflikte die daraus entstehen ein und versucht so, gegenseitiges Verständnis aufzubauen. Sowohl bei dem Blick auf das Hier und Heute als auch in Bezug auf mögliche Zukunftsszenarien wagt die den Blick über den Tellerrand und zeigt auf, was andere Staaten weltweit anders, und teilweise auch „besser“ machen.
Abschließend kann ich nicht mehr sagen, dass das Buch eine pessimistische Betrachtung darstellt, die einem auch noch die letzte Hoffnung auf eine weniger (selbst-)zerstörerische Berufswelt nimmt. Vielmehr ist das Buch ein Augenöffner, Mutmacher und Anstifter, um aktiv zu werden. Angefangen bei der persönlichen beruflichen Situation, in der man sich zunächst fragt, ob sie einen gerade zufrieden macht und was es ggf. zu verändern gilt – bis hin zum gesellschaftlichen und politischen Mitmischen, wenn bei einem (nach dem Lesen des Buches) das Bestreben aufkommt, auch im größeren Kreis mitzuwirken.
Ich empfehle das Buch von Sara Weber jedem, der unser Arbeiten hinterfragen möchte (oder bereits hinterfragt), Hintergründe besser verstehen möchte und vor allem, wer wissen möchte, welche Veränderungen denkbar und möglich sind.