Sehregeln und Gewalt

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dear_fearn Avatar

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In Joe Heaps Geschichte gibt es zwei Hauptcharaktere: Nova und Kate. Nova ist von Geburt an blind. Als sie die Chance bekommt, durch eine Operation das Augenlicht zu gewinnen, ergreift sie sie, doch stellt schnell fest: Sehen ist ein Vollzeitjob. Sie legt sich selbst "Sehregeln" fest und lernt anhand von Karteikarten Farben, Formen und Gegenstände. Kate dagegen lernt die raue Seite ihres Ehemannes kennen und trägt sowohl physische als auch psychische Schäden davon. Als sie Nova zufällig im Wartezimmer des Krankenhauses kennenlernt, kommt die Story richtig in Fahrt.

Das Buch mischt einige Genres, aber trifft keins so richtig. Hat was von Thriller, Erfahrungsbericht, Liebesgeschichte. Einfache Erzählweise, viele Dialoge, sehr viele Einblicke ins Innere der Protagonisten und deren jeweilige Handlungen, wobei Nova meines Erachtens zu wenig und Kate viel zu viel Raum bekommt. Es geht banalerweise recht oft ums Essen und Schlafengehen.

Trotz einfachem Schreibstil, empfand ich das Buch als recht langwierig zu lesen. Die Handlung geht schleppend voran und an vielen Stellen fehlen mir Informationen, die Charaktere und Story glaubhafter machen würden: Nova hat zwei verschiedene Meinungen eingeholt, warum entscheidet sie sich schlussendlich für die OP? Warum wird John Katzner als wichtige Bezugsperson angeführt, taucht dann jedoch kaum auf? Die beiden hätten mal ausführlich über Blindheit und Sehenkönnen sprechen sollen. Die Vorgeschichte von Kate und Tony wäre hilfreich gewesen. Für den Leser kommt es wie eine blitzartige Charakteränderung rüber. Die Situation mit Kates Mutter ist auch etwas heftig, bleibt unaufgelöst. Wenn schon alle anderen Details so auseinandergenommen werden, warum wird dann das Miet- und Kreditthema erst angerissen und dann unter den Teppich gekehrt? Wieso bekommen die beiden Frauen keine therapeutische Begleitung, sondern plagen sich mit ihrer jeweiligen PTBS und Panikattacken rum? Von Novas Sehenlernen hätte ich gern mehr gelesen, mehr Schwierigkeiten, mehr Erfolge... Die Gewalt, die von Kates Ehemann Tony ausgeht, war mir am Ende auch einfach viel zu abgedreht.

Schade! Die Story hätte deutlich mehr Potential gehabt. Hier wurden zu viele Themen zu oberflächlich abgehandelt.