Der Traum vom Wintergarten beginnt

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eliza2010 Avatar

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Wäre die Welt ein Theater, welchen Platz würde jeder einzelne davon einnehmen? Die des Zuschauers oder die der Schauspieler? Manch einer wäre vielleicht auch gerne Regisseur. Mit viel Eleganz und dem Flair der Berliner 20iger Jahre verziert bin ich sehr angetan von diesem Roman. In der Story geht es um die junge Nina von Veltheim, welche in der Provinz auf einem Gestüt groß wird. Schon in sehr jungen Jahren begeistert sie sich für das Theater und lebt auf dem Dachboden mithilfe von Puppen oder Tieren die Rolle der Regisseurin aus. Trotz vieler Vorbehalte in der Provinz unterstützt ihre Familie sie bei ihrem Vorhaben den Traum der Theaterkünste zu leben. In Berlin angekommen macht Nina schnell die Feststellung, dass sie sich in ein Haifischbecken begibt.
Facettenreich, laut und mondän kommt die große pulsierende Weltstadt daher. Dann hat sie ein Vorsprechen und ihr Traum droht sich in Luft aufzulösen. Aber da ist der so einzigartige Schauspieler Anton, welcher ihre Aufmerksamkeit erregt. Wird es Nina schaffen sich trotz der ganzen Hindernisse durchzusetzen?
Nina ist eine junge sehr willensstarke Frau, welche sich in den Kopf gesetzt hat in der Theaterwelt Fuß zu fassen. Dabei hat sie keinerlei Ängste ihre Meinung gegenüber gestandenen Theaterdirektoren oder gar Regisseuren zu äußern. Sie ist sehr von sich überzeugt und versteht es nicht, dass es geschlechterspezifische Rollenverteilungen in der Theaterszenerie gibt. Leider wirkt sie oft etwas verträumt, was sie öfters in Schwierigkeiten bringt. Als weitere sehr wichtige Figuren in dem Roman sind der Schauspieler Anton, die Tänzerin Jenny, sowie ihr Bruder Carlo zu nennen. Gerade Anton und Jenny sind neben Nina die tragenden Charaktere der Erzählung. Jenny war mir dabei am Anfang etwas unsympathisch, was sich im Laufe der Geschichte aber schnell gelegt hat. Sie beweist sehr viel Stärke und wer mit ihr befreundet ist, kann sich auf sie immer verlassen. Anton ist ein sehr gefragter Schauspieler, welcher im Innersten seiner Seele kleine Konflikte mit sich selbst ausfechtet. Er möchte sich nicht auf einzelne Rollen oder Szenerien festgelegt sehen und merkt erst sehr spät was ihm eigentlich wichtig ist.
Der Aufbau der Geschichte ist stringent und wird nur durch vereinzelt ganz kurze Zeitsprünge unterbrochen. Sehr detailliert beschreibend und mit sehr schöner Sprachfärbung versehen ist der Schreibstil der Autorin ein Genuss. Gerade die sehr tiefgründige Darstellung der damaligen Theaterszenerie mit der aufkeimenden Filmindustrie im Berlin der 20iger Jahre hat mir als Kulturfreund sehr imponiert. Ich konnte eintauchen in das Berlin der damaligen Zeit und hatte die erlebten Ereignisse sehr bildlich vor Augen. Als Besonderheit ist noch ein Glossar mit den wichtigsten Begriffen bzw. Orten der Erzählung zu nennen. Verspielt mit einer schönen Erzählung der Theaterlandschaft Berlins der 20iger Jahre taucht der Leser in ein Varieté ein, was durchaus zum Träumen anregt oder der geliebten Fantasie einen Streich zu spielen droht.
9/10 Punkten