Die wilden 20er

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natimaus Avatar

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Nina, 20 Jahre alt, wird von ihrem Zwillingsbruder Carlo aus der provinziellen Uckermark ins bewegte Berlin geschickt, damit sie sich ihren Traum, Intendantin am Theater zu werden, erfüllen kann. Absolut kein leichtes Unterfangen in den wilden 20er Jahren, die von Männern dominiert sind, in denen sich die Schere von Arm und Reich immer weiter öffnet und die von Unruhen, Umstürzen und Vorahnungen geprägt sind. Nina ist zudem eine junge Frau, die ihren Weg ganz alleine gehen will, ohne Protektion, ohne Fremdbestimmung. Im Alltag eine blasse, unscheinbare Person, erwacht Nina zu Leben, wenn es um Theater geht. Nach einer Vorstellung in Varieté Wintergarten weiß sie, dass das Varieté ihr Metier ist. Ihr feines Gespür für das künstlerische Können ihrer Mitmenschen lässt sie ihr Ensemble für den Wintergarten überall rekrutieren: im Theater, auf der Straße, in der Kneipe. Nina ist eine Rattenfängerin, die es vermag, einem Kriegskrüppel ohne Arme Boxhandschuhe zu verkaufen (S. 171). Die um sie gescharten Frauen und Männer gehen für Nina durch dick und dünn und umgekehrt, auch dann, wenn Ninas, in meinen Augen, Verbohrtheit nach Selbstständigkeit und Selbstbestimmung in den Ruin zu führen scheint.
Nina ist zwar die Protagonistin, aber es werden ansatzweise die Lebensgeschichten vieler Personen aus vielen Nationalitäten erzählt. Neben den Aspekten Selbstbestimmung, Zeitgeschichte kommt auch die Liebe nicht zu kurz. Die Sprache der Autorin ist frisch und geradeheraus und macht das Lesen zu einem Vergnügen.