Vier Frauen - ein gemeinsamer Wunsch

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Die Wunderfrauen – Alles was das Herz begehrt, Frauenroman aus der Zeit des Wirtschaftswunders von Stephanie Schuster, 472 Seiten, erschienen im Fischer Verlag.

Vier Frauen zu Beginn des Wirtschaftswunders, haben etwas gemeinsam, den Wunsch endlich wieder glücklich zu sein.

Der Krieg und die entbehrungsreiche Zeit danach sind nun endlich vorbei. Nach dem Tod ihrer Schwiegermutter, träumt Luise Dahlmann von einem eigenen kleinen aber feinen Lebensmittelgeschäft. Nach den Jahren des Verzichts soll es da alles geben was das Herz begehrt. Kann sie ihren Mann davon überzeugen? Drei Frauen kreuzen dabei immer wieder ihren Weg. Marie, die frühere Gutsbesitzertochter, vertrieben aus Schlesien. Annabel von Thaler, die wohlhabende Arztgattin und die junge Lernschwester Helga Knaup. Jede der vier Frauen versucht auf ihre Weise, ein Stück vom Glück zu ergattern.
Jede der einzelnen Damen erzählt ein Stück der Geschichte aus ihrer Sicht, abwechselnd ist Jeder ein Kapitel gewidmet. Dadurch ist es dem Lesenden möglich sich einen Überblick über das gesamte Geschehen zu verschaffen. Durch die einzelnen Schriftarten gibt es dem Buch ein lebendiges aufgelockertes Bild. Ladenschilder und Werbetexte z.B. in Schönschrift. Kursiv sind Liedtexte englische Phrasen. Filmtitel oder Zeitschriften gekennzeichnet. Besonders aufschlussreich fand ich die Notizen aus Luises Notizheften, zwischen den einzelnen Kapiteln. Mit Rezepten, Ladentipps, Lebensmittelgesetzestexten usw. einfach alles was Luise wert war festgehalten zu werden. In der vorderen und hinteren Klappe befinden sich, eine Personenliste und auch Bilder, damit man sich den Tante Emma Laden wie er damals aussah, gut vorstellen kann. Durch die schlagfertigen Dialoge z.T. in bairischem Dialekt (z.B. Dschamsterer, Goaßmilli, Manschgerl) wurde die Geschichte zusätzlich aufgelockert und belebt.

Dieses Buch hat mich bestens unterhalten, es war leicht und flott zu lesen, kaum begonnen konnte ich es innerhalb eines Tages lesen und erst aus der Hand legen nachdem der Schlusspunkt gesetzt war. Immer wieder habe ich mich in die Jugendzeit meiner Eltern, die ich aus ihren Erzählungen kenne, zurückgebracht gefühlt. Nierentische, Petticoats, die Musik, Halbstarke, Zeitschriften usw.. Stephanie Schuster ist es perfekt gelungen, den Zeitgeist der frühen 50er Jahre einzufangen. Ihr bildhafter Erzählstil hat mich gefesselt. Die Beschreibung z. B. des Tante Emma Ladens hat mich an einen Ort zurückgeführt, an den ich mich aus meiner Kindheit noch gut erinnern kann. Auch die Sonnenfinsternis 1954 und das „Wunder von Bern“ haben einen Platz im Buch gefunden.

Die Lebensgeschichten der Charaktere sind berührend und erinnern an eine Zeit in der Frauen noch das Einverständnis ihres Mannes brauchten um arbeiten zu dürfen, oder Alleinerziehende junge Mütter einen schweren Stand hatten. Luise Dahlmann tüchtig und fleißig, steht für die zupackenden und tatkräftigen starken Frauen dieser Zeit. Besonders ergreifend fand ich das Schicksal der heimatvertriebenen Marie, die in Bayern ein neues Leben beginnt. Helga steht für eine junge moderne Frau, die selbstbestimmt und ohne die Annehmlichkeiten einer wohlbehüteten Tochter einfach frei und unabhängig sein will. Die vierte im Bunde Annabel von Thaler ist die Gattin eines angesehenen Arztes mit eigener Klinik, die nur für die Behaglichkeit ihres Mannes und für ihren Sohn lebt. So unterschiedlich die Frauen und ihre Schicksale auch sind, trotzdem sind sie Freundinnen geworden und in den weiteren Büchern der Trilogie ist deshalb m.E. noch viel zu erwarten.

Ein Wohlfühlbuch voller Zeitgeist und spannender Geschichten, geeignet für Leserinnen und auch Leser, die wie ich gerne in den Wirtschaftswunderjahren schwelgen oder mehr darüber erfahren wollen. Da sich am Ende ein Cliffhänger angebahnt hat, werde ich die Trilogie auf alle Fälle weiter verfolgen. Dafür von mir 5 Sterne.