Auf den Spuren einer großen Fotografin

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
petris Avatar

Von

Lee Miller ist eine unglaublich spannende Persönlichkeit des 20. Jahrhunderts. Als Kind missbraucht, ein Trauma, das ihr ganzes Leben beeinflussen wird, in New York, wo sie Bühnenbild und Beleuchtung studierte als Model entdeckt, in Paris, wo sie sich der Fotografie widmete mit Men Ray liiert und später als Kriegsberichterstatterin für die US-Army, wo sie unter anderem die Befreiung von Buchenwald und Dachau dokumentierte. Eine schöne, selbstbewusste, unangepasste Frau, die dennoch immer wieder von den Zwängen ihrer Zeit und Männern, die sie dominieren und beeinflussen wollten, gebremst wurde.

In diesem großartigen Roman setzt Whitney Scharer ihr ein Denkmal. Sie hält sich ganz eng an die biografischen Fakten und lässt die Phantasie da übernehmen, wo es keine Fakten gibt bzw. um die Geschichte mit Details lebendig werden zu lassen. Daraus webt sie eine spannende Romanbiografie, bei der sich nicht unterscheiden lässt, was real und was fiktiv ist. Im Mittelpunkt steht Lee Millers Zeit mit Men Ray, bei dem sie erst als Assistentin arbeitete und in den sie sich schließlich verliebte. Hier wird auch die Basis ihrer Fotokunst gelegt, sie lernt von ihm, sie entwickeln zusammen Techniken, doch Mens Dominanz, Eifersucht und Ichbezogenheit machen die Zusammenarbeit und das Zusammenleben schwer.

Den Rahmen dazu bildet Lees Leben nach Paris und nach ihrer Arbeit als Fotografin im Zweiten Weltkrieg, es gibt auch kurze Rückblicke in ihr Aufwachsen, in ihre ambivalente Beziehung mit ihrem ebenfalls dominanten und übergriffigen Vater.

Das alles fügt sich zu einer wunderbaren, kompakten Geschichte. Man beginnt zu lesen und kann das Buch nicht mehr aus der Hand legen und begleitet diese faszinierende Künstlerin durchs Leben. Es ist eine spannende, bewegte Zeit, die Jahre zwischen den Kriegen, der zweite große Krieg und der Versuch danach, wieder so etwas wie Normalität zu finden. Und Scharer lässt uns Leser eintauchen in die wechselnden Stimmungen des 20. Jahrhunderts. Sie versteht es, Geschichte, historische Persönlichkeiten und die unterschiedlichen Seiten der Lee Miller lebendig werden zu lassen.

Ein Roman nicht nur für Kunstinteressierte! Von mir gibt es eine klare Empfehlung.