Wir begleiten eine Frau, Lee Miller, durch die Zeiten des Lichts, aber auch die der Dunkelheit ihres Lebens.

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pemberley1 Avatar

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Die Zeit des Lichts von Whitney Scharer

Wie packt man ein Menschenleben in ein Buch? Hier wurde genau das geschafft. Doch wie fängt man ein ganzes Leben ein? Man nimmt die für den Menschen wichtigste und prägendste Zeit, und schreibt etwas darüber, eine Zeit des Wandels. Doch am Ende muss man zugeben, dass diese Zeit selbst nur ein Bruchstück des ganzen Lebens ist, und das ganze Menschenleben nicht einfangen geht. Dem im Buch aber sehr nahe kommt. Die Zeit des Lichts war definitiv für mich während des Lesens meine eigene kleine Lichtzeit im Leben. Zumindest für einen kurzen Moment, in dem ich das Buch lesen durfte. Doch worum geht es überhaupt? Ein Ausbrechen aus jeglichen Zwängen. Unabhängig und frei von den Männern in ihrem Leben und den Zwängen der Beherrschung durch sie, das ist Lee Miller. Eine wichtige Zeit in ihrem Leben spielt sich ab im Dunstkreis der Pariser Bohème, der Surrealisten, Fotografen, Filmemacher……. Kurz gesagt, der Künstler in Paris, Ende der 20 er und Anfang der 30 er Jahre.

Das Buch:

Das Buch könnte schon fast eine Biografie sein, könnte aber auch nur, denn es ist keine. Die Lebensgeschichte von Lee Miller wird erzählt, ohne Dinge auszulassen, oder zu beschönigen, und trotzdem ist es eine Geschichte, die einen mit diversen Gefühlen der Hoffnung, der Trostlosigkeit, Trauer, und manchmal des Entsetzens zurücklässt. Wie ein stummer Zeitzeuge der Geschichte und Historie begleitet das Buch uns über einen Zeitraum von Lees Leben, von Anfang 20 bis zu ihrem Tode. Auch ihre Kindheit wird erwähnt. Manche Lebensphase mehr, manchen widmet sich das Buch ein bisschen weniger. Doch trotzdem ist es eine runde Geschichte, die das Bild einer mutigen Frau hinterlässt, die sich in einer Zeit behauptet hat, wo das für Frauen nicht an der Tagesordnung lag. Eine andere Sache ist natürlich, dass Lee genau zwischen zwei Weltkriegen gelebt hat. Der eine vorbei, der zweite nahte mit großen Schritten heran. Und auch wenn der erste Weltkrieg schon ein paar Jahre her war, so waren diese Jahre dazwischen wichtig für die Kunstbewegungen des Dadaismus und Surrealismus, zu denen Man Ray auch gehörte. Später hat Man Ray sich der Fotografie und Aktfotografie gewidmet. Die Leute hatten dann später während des 2. Weltkrieges keinen Sinn für Mode, Schönheit und Kunst. Es ging nur darum, wie man am besten überlebt. In dieser Zeit hat Lee es wieder geschafft, aus ihrer eigenen Kunst, der Fotografie, etwas zu machen, was ihr geholfen hat. Nämlich keine Schönheit des Lebens zu fotografieren, sondern den grausamen Alltag des Krieges. Das grausame Gesicht des Krieges, welches sich in einer Fratze aus Schmerz, Verletzungen, Zerstörung, Gefangenen, Gequälten und Toten zeigte.

Die erste Begegnung von Lee und Man Ray ist purer Zufall. Lee will in Paris Menschen kennenlernen, Künstler, die ihre Wünsche vom Leben verstehen, will sich unter sie mischen. In einem Restaurant trifft sie auf eine Truppe von Künstlern, kommt mit ihnen ins Gespräch, und wird von diesen mitgenommen zu einem privaten Treffen der Künstler, mit Wasserpfeifen und noch ganz anderen Substanzen, die damals in der Künstlerszene Gang und Gebe waren. Dort trifft sie am Ende genau auf Man Ray. Und hier nimmt die Geschichte der beiden ihren Ursprung. Lee Miller kam nach Paris als junge Frau von Anfang 20. Sie war unabhängig und wusste genau, was sie wollte. Doch manchmal scheint es, als ob ihr nicht jeder diese Unabhängigkeit gegönnt hätte. Man Ray und sie hatten eine Liebesbeziehung. Lee Miller will dazugehören. Auch wenn sie das Leben aus ihrem alten Leben als Model langweilte. Sie will mehr, mehr sein, als nur ein abgebildetes schönes Mädchen. Sie will etwas Eigenes erschaffen. Sie will dazugehören, in Paris, dieser für die damalige Zeit großen Stadt der Kreativität und Schaffensfreiheit. Die Geschichte lehrt uns, dass diese Schaffensfreiheit wohl in einem Konkurrenzkampf mit dem Schaffen von Man Ray stand, und das obwohl er Lee Miller liebte. Diese intensive Lebenszeit von beiden ging also irgendwann doch zu Ende.

Die Zeit des Lichts im Buch:

Die Zeit des Lichts steht hier wundervoll sinnbildlich dafür, dass zum einen nach der Dunkelheit in einer Dunkelkammer, endlich wieder das Licht außerhalb kommt, und sich währenddessen ein Film zum Foto entwickelt, und sich damit etwas tut. Aus einem Nichts, wird ein Etwas. Rotes Licht und gelbes Licht. Genauso kann man sehen, dass die Zeit des Lichts einfach bedeutet, dass nach jeder dunklen Zeit im Leben, auch hoffentlich wieder eine hellere kommt, in der wir vergessen können, was Schlimmes geschehen ist. Aber, man könnte auch meinen, dass die Zeit des Lichts sich einfach auf die Zeit Lees in Paris bezieht, denn diese Stadt wird ja auch die Stadt der Liebe und des Lichts genannt, und mit dieser Zeit im Leben von Lee Miller besticht der Roman ja am meisten, weil die Zeit für Lee wie ein Ausbrechen aus ihrem alten Leben war, ein Neuanfang. Und genau wie Licht, strahlt das Buch eine gewisse Wärme aus, zumindest in einigen Erzählabschnitten und Erzählsträngen. Interessant sind die Belichtungsverfahrenstechniken der Fotografie. Doch was ist hier Wahrheit? Der Name des Buches, kann auch eine ganz andere Bedeutung haben. Für jeden eine andere. Doch das Buch selbst gibt auch eine Antwort, die allerdings jeder selbst finden muss :)

Lee Miller als Person:

Lee Miller hat der Modelwelt den Rücken gekehrt, um Fotografin zu werden. Für die damalige Zeit war sie eine ausgesprochene und außergewöhnliche Schönheit. Sie wollte wohl eher immer Bilder selbst erschaffen, statt auf ihnen abgebildet zu sein. Letztendlich war sie Kriegsberichterstatterin im 2. Weltkrieg. Selbst Model sein, über das Lernen bei Man Ray in Paris und die Surrealisten - Szene, über Modefotografie, bis dann letztendlich die Kriegsfotografie mit Kriegsgerichterstattung an die Reihe kam. Lee Miller war ihr weiteres Leben lang depressiv, und litt unter den Folgen und Bildern der schrecklichen Eindrücke des zweiten Weltkrieges. Heute würde man sagen, sie wurde wohl depressiv und war traumatisiert, und dem Alkohol nicht abgeneigt. Später zog sie sich zurück mit ihrem Mann, und bekam einen Sohn. Dieser wusste lange Zeit nichts vom „Vorleben“ seiner Mutter. Es gibt da draußen anscheinend Menschen, die versuchen, andere kleinzuhalten, um dadurch Macht über sie zu gewinnen. So auch Lees Vater, oder Man Ray. Man Ray braucht Lee um seiner Kreativität Ausdruck zu geben, beziehungsweise als Inspiration und Muse. Gleichzeitig Assistentin, erst Geliebte, und als Frau an seiner Seite. Mit ihr hat er die kreativste Phase seines Lebens. Und schon wieder Abhängigkeit. Lees Verhältnis zu Männern war gestört, durch ihren Vater, und die Vergewaltigung, die sie als 7jährige erfahren musste. Sie fühlt sich in Intimitäten oft gefangen, will zwar das Begehren der Männer, aber kann oftmals nicht dabei sein, es ist wie ein Herausgleiten des Geistes aus ihrem Körper. Oftmals fühlt sie sich dabei wie in einem Gefängnis. Vielleicht auch ein Grund für ihren späteren Freiheitsdrang. Lee Miller starb an Krebs. Ich weiß, das könnte man alles selbst nachlesen, ich wollte es aber trotzdem erwähnt haben, um die Person ein wenig näher zu bringen, um die es hier in diesem Buch geht. Ich finde es wichtig, das erwähnt zu haben. Das Buch ist in verschiedene wechselnde Zeitabschnitte aus dem Leben von Lee Miller eingeteilt, und zwar immer wechselnd, hin und her. Mit Rückblenden, länger und kürzer andauernden Perioden. Man kann von diesem Buch nichts erzählen, ohne auf das Leben von ihr einzugehen, welches ja sozusagen die Geschichte des Buches ist. Und immer wird das Licht auf einen anderen Abschnitt ihres Lebens geworfen.

Ich weiß, ich erzähle hier viel aus Lee Millers Leben. Aber so ist das nun mal in Büchern, die von realen Personen handeln. Es sind keine reinen Biografien, und ein bisschen Fiktion ist dabei, denn natürlich kann man nicht jeden einzelnen Zeitpunkt eines Lebens nachvollziehen. Und oftmals sind auch nur Vermutungen dabei. Aber das Wichtige ist, dass man sich überhaupt mit diesen Menschen beschäftigt, und sie als Mensch wahrnimmt. Hinzu kommen weitere Theorien, und man versucht ja Buchprotagonisten eh immer zu analysieren. Nun analysiert man dann eben diese Menschen, die damals gelebt haben. Vielleicht hat man mit einigem Recht, vielleicht auch nicht.

Fazit und Gedanken zum Buch:

Mich fasziniert die Glaubwürdigkeit der Figuren, die Magie der Zeiten, und in sie eintauchen zu können, ohne sie jemals erlebt zu haben. Und ich mag tiefe Charaktere, die vielseitig sind, und die, obwohl sie in einer anderen Zeit lebten, doch meist genau dieselben Probleme haben, wie wir sie heute haben. Das fasziniert mich nicht nur an Geschichte in Romane, sondern auch an Geschichte allgemein. Ich mag die Verwebung zwischen Realität, und Fiktion des Autors, der sich ja auch aufgrund künstlerischer Freiheit einiges ausdenken kann und darf. Das bringt einem die Figuren näher, und man meint, sie zu kennen, auch wenn man sie nie live erlebt hat. Ich verrate nicht wo im Buch, und ich verrate nicht weswegen, aber ich gebe zu, an einigen Stellen beim Lesen eine Gänsehaut bekommen zu haben. Man trifft auf allerlei historisch reale Menschen in illustren realen Gesellschaften. Man trifft auf eine intensive Liebe und gebraucht werden, auf Abhängigkeit voneinander. Lee befreit sich aus der Macht, die andere versuchen über sie zu haben. Sie will etwas Eigenes schaffen. Eine Selbstverwirklichung der guten Art, ohne Abhängigkeit von anderen. Und wenn man liest, denkt man sich: So….. ja so…. genau so….hätte es geschehen sein können. Auf jeden Fall danke ich dem Buch, dass es mich zeitweise ins Paris der 30er Jahre geschickt hat, und ich das Pariser Bohème erleben durfte. Obsession, Eifersucht, obsessives Verhalten. Hintergehen, Verrat. Das kann man ebenfalls alles im Buch finden. Lee war ein Freigeist und freidenkend. Vorurteile gegenüber Lee, wegen ihrer Schönheit, dass sie nichts kann, kein Können hat, und nur schön anzusehen ist, gab es ebenfalls. Wir sehen Schönheit vs. Können. Lee macht eine Wandlung durch, die schön zu bemerken ist.

Und auch wenn es im Buch nur angeritzt wurde: Lee Millers Fotos während des 2. Weltkrieges, und danach, sollten nie vergessen werden. Es gab diese 12 Jahre. Es gab diesen Krieg. Es gab die Grausamkeit an Minderheiten. Egal, wie oft das Manche auch leugnen. Verschließt eure Augen NICHT. Die Bilder sind bis heute ein erschreckendes Zeitzeugnis. Und auch wenn es nicht so scheint, so ist der Roman dadurch, bzw. die Person, um die es sich dreht, topaktuell. Man fühlt sich durch das Lesen zurückversetzt in eine andere Zeit. Das Buch ist wie eine Zeitreise oder – maschine, die uns an der Vergangenheit teilhaben lässt. Ich habe vor allem die Zeit in den 30 er Jahren genossen. Die Kunst, das Flair, die Atmosphäre, die Lebenslust. Und irgendwie ist es auch die Geschichte einer Liebe voller Leidenschaft, Kunst…..und irgendwie auch Abhängigkeit voneinander. Eine Liebe jenseits der Realität. Von zwei Menschen die sich gegenseitig brauchen: Fast schon zu sehr. Die Schreibweise könnte genauso gut unserer heutigen Zeit entstammen, sie hat etwas Zeitloses, aber gleichzeitig etwas von Vergangenem. Vielleicht auch, weil die Probleme von damals ähnlich den heutigen erscheinen. Zumindest im zwischenmenschlichen Bereich.

Und es ist auch eine Wandlung wahrnehmbar, ein Ausbrechen. Vom Model, das fotografiert wird, über selber fotografieren, die Schönheiten des Lebens, bei einem Mann, der Schönheit in Bildern festhält, bis hin zu Fotografien, die nichts Schönes mehr wiedergeben, sondern nur Wahres und Ungeschöntes. Während den Kriegsjahren spürt man durch die Erzählung die Erschütterungen der Bomben, und allem, was mit diesem Krieg zu tun hat.

Gleichzeitig erscheint Lee wie in einem Krieg mit sich selbst. Zeitweise gespalten, mit einer gesplitterten Seele, nirgendwo zugehörig, und immer auf der Suche nach Zugehörigkeit und Anerkennung. Für mehr, als nur ihr Aussehen. Wir lernen mehrere Lees kennen. Eine unstete Person, das Model, die Fotografin, die Künstlerin, die Kriegsreporterin, die Ehefrau, die gerne kocht, darin ihre Erfüllung gefunden hat, um andere Erlebnisse ihres Lebens zu vergessen. Und diese Persönlichkeiten, die in ihr sind, sind vom Verhalten gar nicht so selten, bei Frauen, die solch ein Erlebnis in ihrer Kindheit hatten. Immer getrieben. Auf der Suche nach etwas mit Substanz, was sie geschaffen hat. Mit ihren Fotografien hält Lee Miller den Menschen das vor Augen, was sie nicht sehen wollten, oder vor dem sie die Augen verschlossen haben. Sie hat der Grausamkeit des Krieges somit ein Gesicht gegeben. Ein grausames, aber wahres.

Einen Debütroman zu schreiben, und dann natürlich auch noch einen, der halb fiktiv ist, und halb auf wahren Begebenheiten beruht, und das Ganze mit Personen, die real existiert haben, deren Geschichte durchaus genau so hätte sein können, aber denen man auch einige künstlerische Freiheiten andichten muss….. das ist ganz schön gewagt. Hier wurde es wunderbar geschafft, dies alles zu vereinen. Denn ja. Die „Zeit des Lichts“ ist Whitney Scharers Debütroman. Und er ist wirklich faszinierend, und einfach nur wundervoll. Das Buch erzählt von Freiheit, von Umbruch, aber auch vom Gefangensein in unseren eigenen Gedanken, und wie wir damit klarkommen mögen.

Wenn man das Buch liest, muss man wohl oder übel etwas über Lee Miller wissen, oder sich zu einem späteren Zeitpunkt nochmal schlau machen. Definitiv macht das Buch neugierig auf das Leben dieser Frau, die die Langeweile verabscheut hat, und immer neue Herausforderungen suchte. Man kommt gar nicht daran vorbei mehr über ihr Leben erfahren zu wollen. Ein Leben vereint mit Fröhlichkeit und Traurigkeit. Unentschlossen, Rastlos, Ruhelos. Nicht zu verdenken, wenn man ihre Geschichte genauer unter die Lupe nimmt. Lee war eine schöne Frau, ein hübsches Mädchen, schon als Kind. Was ihr zum Verhängnis wurde, denn Männer sehen in so etwas oftmals eine Versuchung. Und in späteren Jahren nimmt man diese Frauen nicht sehr ernst, weil sie nichts zu können haben, außer schön auszusehen. Oftmals kommt es einem im Buch so vor, als ob man einige Dinge auf unser Heute verschieben könnte, selbst wenn über 80 Jahre vergangen sind. Lees Rastlosigkeit hat also Hintergründe, genauso wie ihre Stimmungen. Und auch in späteren Jahren hat der Krieg und seine Grausamkeiten, gerade durch die Bildstrecken in den deutschen KZ’s, seine Spuren bei ihr hinterlassen.

Die Geschichte des Buches wird ausschließlich aus der Sicht von Lee Miller erzählt, das Ganze in gegenwärtiger Zeit, so dass man sich wie direkt in der Handlung fühlt.

Im Roman wird das Bild von einer Frau festgehalten, gezeichnet……. Welche in einer Zeit gelebt hat, in der es als Frau nicht so einfach war, die Dinge im Leben zu tun, die man wollte. Gerade im künstlerischen Bereich, was fast schon eine Männerdomäne war. Lee Miller will nicht festgehalten werden, weder im Leben, noch auf den Fotografien von ihr. Was sie will, ist selbst festhalten……. Schöne Dinge, das Leben. Sie will aus Nichts Kunst machen. Erst durch Zeichnen, dann durch Linse der Kamera. Und genau das ist es doch auch, was diese Zeit so besonders macht. Man lebte zwischen zwei Weltkriegen. Der eine war zu Ende, an den zweiten wurde anfänglich noch nicht gedacht. Man war froh diesen ersten überstanden zu haben. Mit all den Schrecken, die er gebracht hat. Die Leute wollten fröhlich sein, und das….. was andere nicht mehr hatten, genießen, nämlich ihr Leben. Dieses Lebensgefühl, dieses Flair, kommt sehr schön im Buch rüber. Zusätzlich wird ein Sittenbild der damaligen Zeitepoche aufgezeigt. Alles ist atmosphärisch, und authentisch. Es ist als ob man dabei wäre, während die Charaktere ihre Geschichte erleben.

Der Roman zeigt Lee Miller wundervoll als Frau und Mensch, eben menschlich, gibt sie als das wider, was sie ist. Verletzlich. Aber auch stark. Wieso auch nicht? Das ist anders, intimer. Man lernt sie anders kennen, als wenn man nur mal einiges über sie liest, oder einen Bericht liest, eine Ausstellung besucht, oder ähnliches. Man fühlt sich ihr näher, da sie als jemand dargestellt wird, der einer von uns sein könnte. Zu einer Zeit, die sicherlich sehr schwierig war, und das auch noch in einer Männerdomäne. Dieses Heraustreten aus dem Schatten der Männer, quasi ins Licht, ist sehr schön umgesetzt, und ein schöner Bezug zum Titel des Buches. Es zeigt ihr Ausbrechen und die sie prägende Zeit. Man ist im Roman drin. Sowohl in der Zeit der Trostlosigkeit, als auch in den Zeiten der Euphorie, und erlebt dies so alles mit.

Faszinierend ist, dass hier die Geschichte aus der Sicht von Lee Miller erzählt wird, die wirklich existierte. Es ist also keine erdachte Geschichte, sondern ein Roman, der sich um das Leben dieser eindrucksvollen Frau dreht. Beziehungsweise ist die Geschichte natürlich erdacht, die Personen aber real, und genau so könnten die Unterhaltungen gewesen sein. Auch die Maler und Surrealisten, die zur damaligen Zeit gelebt haben, werden wundervoll menschlich beschrieben, so als ob es einem vorkommt, man würde sie persönlich kennen, und genau wissen, was sie damals alles umgetrieben hat.

Der Sprachstil ist bildhaft geschrieben. Man wird also sofort in die Geschichte hineingesogen, und findet sich im Geschehen wider. Sowohl in den positiven, als auch in den negativen Ereignissen. Dabei wird alles sehr intensiv beschrieben, bildlich, wie es einer Frau in einem Buch gebührt, die ihr Leben mit fotografieren von weniger schönen und düsteren Szenerien verbracht hat, die bis heute so unverständlich sind, dass man es kaum greifen kann.

Ich beende meine Rezensionen immer mit einem Lied, und möchte auch hier nicht mit dieser Tradition brechen. Es ist meist eines, was mir während des Lesens durch den Kopf geht, oder mich an einen Charakter im Buch erinnert. Ich denke, Lee könnte das Lied gefallen, hätte sie es je gehört. Weil sie ihren eigenen Krieg im Kopf hatte, und im Leben sehr ruhelos war.

„Don't break me down…… I've been travelin' too long…… I've been trying too hard…… With one pretty song……

I hear the birds on the summer breeze……….. I drive fast………I am alone in midnight.
Been tryin' hard not to get into trouble……But I, I've got a war in my mind.
So, I just ride.“