Familiengeschichte in turbulenten Zeiten

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
katrinb Avatar

Von

Hochschwanger reist Maria Ende des 19. Jahrhunderts nach Anatolien ins damalige Osmanische Reich, wo sie Wilhelm, den Vater ihres Kindes, überrumpelt. Der hatte sich aus dem Staub gemacht und ist als Ingenieur mit dem Bau der Bagdadbahn beschäftigt. Der spröde, etwas langweilige Wilhelm und die selbstbestimmte, rebellische, „Reformkleider“ tragende Maria passen eigentlich nicht besonders gut zusammen, aber sie arrangieren sich und Maria blüht fernab den Zwängen der Heimat auf. Sie bekommen Kinder und Maria findet in dem anatolischen Dorf, fernab der spießigen Enge von Österreichisch-Ungarn, wo sie aufgewachsen ist, ihre wahre Heimat. Doch Maria muss ihr kleines Paradies verlassen, denn Wilhelms Beruf und die Auswirkungen des Ersten Weltkriegs verschlagen sie an verschiedene Orte und die Familie bricht auseinander.
In dem Roman verwebt die Autorin geschickt eine tragische Familiengeschichte mit dem turbulenten Weltgeschehen am Beginn des 20. Jahrhunderts. Das Zerbröckeln des Osmanischen Reichs wird in Beziehung zum Auseinanderbrechen einer Familie gesetzt.
Maria ist eine ungewöhnliche Frauenfigur und ein starker Charakter, der am Beginn des Romans im Fokus steht. Im Laufe der Geschichte ist es dann einer der Söhne, der in den Mittelpunkt der Erzählung rückt. Die Autorin schafft es sehr gut, den Schauplätzen Farbe und Atmosphäre und ihren Figuren ein Gesicht, ich konnte mich gut in sie hineinfühlen. Auch, wenn ich sie nicht immer sympathisch fand….
Das Projekt der Bagdadbahn, sowie die politischen Entwicklungen in der Region und die Geschichte der Türkei, waren mir bis jetzt vollkommen unbekannt und ich habe durch die Lektüre des Romans viel darüber gelernt.
Eine klare Leseempfehlung!