Leider nicht mein Buch

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elke seifried Avatar

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Ich habe mich bisher so gut wie gar nicht mit der Geschichte der Türkei beschäftigt und deshalb habe ich zu diesem historischen Roman gegriffen, bei dem ich erwartet habe eine starke Frau in dieses Land begleiten zu dürfen.


„Sie war ihm immer überlegen gewesen, das wusste er. Bis heute war es ihm ein Rätsel, wie er den Mut gefunden hatte, sie anzusprechen. Das heißt: eigentlich war sie ihm vorgestellt worden.“


Dass sich Wilhelm nach seinem Studium klammheimlich in die Türkei verabschiedet hat, um dort als Ingenieur am Bau der Bagdadbahn zu arbeiten, hält die schwangere Maria nicht auf, ihm nachzureisen und vor vollendete Tatsachen zu stellen. Ohne verheiratet zu sein, leben sie dort von nun an in wilder Ehe. Wild sicher auch deshalb, weil die beiden kein einfaches Verhältnis haben, weil eine Maria sich ungern an Regeln und Konventionen halten, frei auch in Liebesdingen sein will und stets ein wenig unberechenbar für Wilhelm bleibt. Maria verliebt sich in ihre neue Heimat, „Ich will hier nicht weg“, „Das ist meine Heimat geworden“, „hier sind die Kinder geboren“, endlich scheint sie angekommen zu sein,“Hier sind wir zu Hause“, ganz im Gegensatz zu ihrem Mann. Doch der erste Weltkrieg durchquert ihre Träume und Pläne und zerreißt die Familie, bei der schon zuvor einiges im Argen liegt, als es plötzlich heißt, „Eine Liste, eine Namensliste. Der Einberufungsbefehl.“


Die Leidenschaft, die Maria für die Türkei entwickelt, die Tatsache, dass sie sich gar keine andere Heimat mehr vorstellen kann, wird gelungen deutlich. Ich konnte mich deswegen und auch aufgrund der bilderreichen Beschreibungen der Menschen, „Aus der dritten Klasse schob sich eine große Zahl an Passagieren auf den Bahnsteig, Hühner, Ziegen und Kinder wurden hin- und hergereicht“, der Bräuche, „Du hast mehrere Frauen und viele Söhne“, sagte Wilhelm. „Sie werden den Ruhm deines Namens mehren. Ich habe nur die eine und die macht mir die Hölle heiß“ und der bezaubernden Eindrücke, vor allem auch der Landschaft, durchaus vor Ort träumen, denken und wünschen. Interessant zu verfolgen fand ich auch, was man über den Bau der Bagdadbahn erfährt. Wobei das wegen mir gerne noch mehr sein hätte dürfen, ebenso wie über die Entwicklungen, die dafür sorgten, dass gilt, „leider hat sich der neutrale Status des Osmanischen Reiches aufgrund gewisser Vorkommnisse nicht weiter halten lassen“ Die lockere, oft pointierte und damit amüsant und kurzweilige Ausdrucksweise der Autorin, die zudem versteht, mit vielen Bildern und Vergleichen für eine konkrete Vorstellung zu sorgen, hätte mir eigentlich Spaß machen können. Für die einzelnen Szenen isoliert betrachtet, war dem auch so. Ich fühlte mich zu Beginn durchaus amüsant unterhalten, wenn man z. B. von einem Verhandeln über Stofffarben, bei denen ein Gelb für ein Sommerweiß verkauft werden soll, berichtet wird, oder sie ihren Spiegel in die Einöde nachholen lässt, „Sie hatte sich, wie meistens, durchgesetzt. Und als der Spiegel in Decken gehüllt und in eine Kiste voller Sägespäne verpackt, auf einem Eselskarren die letzten Meter zum ihrem Haus gebracht wurde, war das halbe Dorf zusammengelaufen.“ Doch recht schnell habe ich mich gefragt, wohin will die Autorin mit mir? Zudem habe ich normal keine Probleme mit Zeitsprüngen, aber so abrupt und für mich nicht nachvollziehbar, wie diese hier erfolgen, haben sie mich in diesem Roman schlicht gestört. Besonders zu Beginn habe ich oft zurück geblättert, dachte etwas überlesen zu haben. Das hat mich im Lesefluss gehemmt und mir auch recht schnell die Lust am Lesen genommen. Mir hat ein wenig der rote Faden gefehlt, zudem habe ich den Sinn der Zeitsprünge nicht wirklich erkannt. Spannender haben sie mir die Geschichte auf jeden Fall nicht gemacht, lediglich beschwerlicher zu lesen. Vielleicht auch weil ich mit dem Stil nicht wirklich warm geworden bin, hat mir auch die Entwicklung von Maria weg zu ihrem Sohn hin nicht ganz so zugesagt. Ich denke ich bin einfach mit falschen Voraussetzungen, vielleicht auch zu wenig Vorwissen an diesen Roman gegangen und deshalb nicht damit nicht wirklich glücklich geworden.