Oh, ich hab' solche Sehnsucht!

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herr_stiller Avatar

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Westerland. Das eine der zwei Lieder von Die Ärzte, die ich schon als Kind mitsingen konnte, zum Leidwesen meiner punk-fernen Eltern. Und weil ich schon als Dreikäsehoch schiefer gesungen habe als ein Haufen Katzen nach Mitternacht. Diese eine Liebe wird nie zu Ende gehen. Diese Liedzeile, der Titel dieses Buchs, einer Geschichte über Sylt vor vielen, vielen Jahren - die erst einmal total aktuell beginnt.

Corona. Lockdown. Hotels dicht. Und wieder wird's persönlich. Vier Tage Wilhelmshaven im November 2020. Endlich mal wieder ans Meer, nach zwei Jahren. Büsschen Nordseeluft, büsschen Wind, dazwischen ein paar Pommes und ein Fischbrötchen. Alles abgesagt, Beherbergungsverbot. Sofa im Rheinland statt Strandkorb in Niedersachsen. War natürlich richtig so, blöd, aber nachvollziehbar, wird irgendwann mal nachgeholt, vielleicht 2022, vielleicht später.

Also. Die Ärzte. Geschlossene Nordseehotels. Zwei von zwei bei mir. Aber braucht's noch einen Lockdown-Roman? In Zeiten, in denen man sich von Maßnahme zu Maßnahme hangelt, im Homeoffice sitzt, während die mal wieder geschlossenen ist, und Bücher so mit der einzige Weg raus aus dem Alltag sind?

Es ist ja nur der Anfang. Das lange Intro, das Auf-einem-Handtuch-am-Wannsee-sitzen, bis man endlich wieder in die Wellen springen kann. Meer statt Spree natürlich. Oder halt Rhein, hier so in Köln. Man trifft sich, man spricht, man klönt - natürlich, über alte Zeiten. Und warum man, frau, die Ich-Erzählerin, die Heldin der Geschichte weg ist. Weg von der Insel. Dieser so schön besungen und aus tausenden Kehlen begröhlten Insel im Norden des Landes. Und weg aus einer Jugend hin zu einem Leben in der großen Stadt, das so viel besser erschien - aber vielleicht ja gar nicht wahr.

Ein Roman, der sicher mit der ein oder anderen emotionalen Note aufwartet, der die Geschichte dieser Insel erzählt, bevor hier alles voll war, voll von Leuten, die Aufkleber ihrer länglichen Form auf ihre SUVs pappten und so tun, als hätten sie in ihrer Jugend diese Berliner Punks gehört, dabei lief bei ihnen maximal U2. Ein Roman, der vielleicht über das wahre Sylt berichtet und die Leute, die hier lebten, liebten, erwachsen wurden - und flohen. Bis zum Lockdown.