Anders als erwartet

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cara_lea Avatar

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Ich war sehr gespannt auf das Buch von Susanne Matthiessen und habe mich auf die persönlichen Einblicke in das Inselleben gefreut. Es war mein erstes Buch der Autorin, und ich war neugierig auf ihre Geschichte. Die ersten zwei Kapitel beschäftigen sich mit Sylt in Pandemiezeiten und wie die Bewohner der Insel den Lockdown wahrgenommen haben. Der sachliche, beinahe emotionslose Schreibstil hat eine bedrückende Stimmung ausgelöst, die man als Leser sehr gut nachempfinden konnte.

Es ist leicht, den Erzählungen der Autorin zu folgen. Ich war schnell im Geschehen drin und habe mich gut abgeholt gefühlt. Die ungeschönten Beschreibungen und Darstellung ihrer langjährigen Freundin »Pfuschi« haben bei mir ein leicht ungutes Gefühl ausgelöst, das ich nicht gleich einordnen konnte. Als es schließlich dazu kommt, dass die Autorin ihrem Vater vorwirft, ihr in der Vergangenheit kein Reetdachhaus für eine Millionen Mark gekauft zu haben, das heute 30 Millionen Euro wert wäre und sich darüber beklagt, dass sie heute keinen Tesla fährt oder ein Haus mit Strandzugang besitzt, habe ich das Buch erst mal weglegen müssen. Es war beinahe schon unangenehm persönlich, diese Zeilen zu lesen, in denen eine große Verbitterung mitschwang.

Im Verlauf werden einige Themen behandelt, die sehr interessant waren. Das Dorfleben und die Gemeinschaft auf Sylt, das Leben auf einer Insel, die gewaltige Kraft der Nordsee, Pelzhandel, die große Sturmflut von 1981 etc. Viele spannende und wissenswerte Einblicke, die ich zu schätzen gewusst habe. Trotzdem hätte bei dem ein oder anderen Thema ein Warnhinweis nicht geschadet, man wurde allzu oft unbedarft hineingeworfen.

Für das 260 Seiten umfassende Buch habe ich ungewöhnlich lange benötigt, da ich es immer wieder zur Seite legen musste. Spätestens als ich gelesen habe, wie ein Hund aus Aberglaube lebendig in einem Deich begraben wird, um die Sturmflut zu verhindern, brauchte ich eine Pause zum Durchatmen. An diesem Punkt wurde der kalte, emotionslose Schreibstil der Autorin sehr unangenehm. Vermutlich sind die Bräuche und Sitten der Inselbewohner von jemandem, der nie auf Sylt gelebt hat, nicht nachvollziehbar, das bedeutet aber nicht, dass sie moralisch vertretbar sind.

Insgesamt ein Buch, das mich beim Lesen herausgefordert hat. Es war interessant zu lesen und hat einen Einblick in das Leben auf Sylt vermittelt. Der Schreibstil lässt sich gut lesen, doch die kalte und unsentimentale Art über moralisch fragwürdige und schlimme Ereignisse zu schreiben, hat mich immer wieder innehalten lassen und mich stellenweise wütend gemacht hat. Ich werde in Zukunft besser keine Bücher der Autorin mehr lesen. Es war eine Erfahrung, aber für mich nicht das Richtige.