Leichtfüßig erzählte tiefschürfende Geschichte

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Mikki Brammer (oder der Verlag) hat Mumm: Einer Geschichte über das Sterben den Titel „Dieses schöne Leben“ zu geben, könnte man auf den ersten Blick als verwegen bezeichnen – sachlogisch ist es aber wohl korrekt, denn Tod und Leben hängen unmittelbar zusammen.

Erzählt wird das Thema über Clovers Geschichte: Sie lebt ein sehr zurückgezogenes Leben bei ihrem Opa, einem Professor. Bücher, Wissen, Reflektiertheit spielen also eine große Rolle in ihrem Leben. Als sie verreist, stirbt er plötzlich und über Clovers Auseinandersetzung mit seinem einsamen Tod lässt sie sich zur Sterbehelferin ausbilden, wofür sie mit ihrer Art prädestiniert scheint. Doch nun zieht sie sich immer mehr zurück und durch die Hilfe für andere droht sie selbst auf der Strecke zu bleiben. Dem sind jedoch zwei glückliche Zufälle vor: Dass ihre neue Nachbarin sich für Clovers Tätigkeit interessiert und Clovers Klientin Claudia, die sie eine verflossene Liebe suchen lässt, schickt sie auf die „Umlaufbahn Leben“.

Wer sich nicht mit dem Thema Tod und Sterben auseinandersetzen will, sollte dieses Buch nicht lesen, das sei vorab gesagt. Denn das spielt eine sehr große Rolle im Leben der Protagonistin Clover, die schon früh mit dem Thema konfrontiert wurde (bei ihrem Opa wächst sie nicht von ungefähr auf und es gibt noch mehr solcher Momente, der Tod ihres Opas ist letztlich „nur“ der Auslöser für ihre Sterbebegleiter-Entscheidung …). Und da das Buch gerade anfänglich sehr stark um das Thema kreist, kann der Einstieg schwerfallen. Zunehmend mehr kommt aber im wahrsten Sinne des Wortes Leben rein, was stark mit dem Eintritt zweier Figuren in Clovers Leben zusammenhängt: Ihre quasi Antagonistin Silvie (lebensfroh, offen, lässt nichts aus – allerdings auch Clover und das Thema Sterben nicht) und Claudia, die trotz ihres nahen Todes sehr lebendig wirkt – weil sie ein gutes Leben hatte. Diese „Konstruktion“ ist zwar naheliegend und man könnte sie als „alles schon mal gelesen“ abtun, aber zum einen funktioniert sie und zum anderen geht es hier ohnehin weniger um Handlung bzw. Figurenkonstellation, sondern mehr um die grundlegende Aussage und die Art, wie die Geschichte erzählt wird. Natürlich geht es darum, sich selbst zu finden, aber auch einen Weg, sich mit dem Tod (dem nahestehender Personen, aber auch dem eigenen) auseinanderzusetzen, ein Thema, das in den meisten Gesellschaften viel zu sehr „tabuisiert“ wird. So kommt es denn auch, dass man vieles, worüber Brammer schreibt, nicht weiß: Es gibt Doulas fürs Sterben (auch das ist wie schon die Titelgebung sachlogisch, sowohl bei Eintritt ins und Austritt aus dem Leben für die „Handelnden“ eine solche Person zu haben). Doch das eigentlich Besondere an dieser Geschichte ist m. E. die Erzählweise: Erzählt wird aus Clovers Perspektive, teils in Rückblenden und das in einem erstaunlich leichten, aber liebevollen Ton, der aber nicht ins Pathetische abdriftet. Damit sorgt die Autorin für eines dieser Bücher, bei denen man unbedingt wissen will, wie es endet, gleichzeitig aber nicht will, dass es endet. Hätte das Buch nicht die eine oder andere Länge gehabt, hätte diese leichtfüßig erzählte tiefschürfende Geschichte die volle Punktzahl bekommen.