Von Freundschaft, Kunst und Natur
Stefan Hertmans legt mit „Dius“ im Grunde eine philosophische Abhandlung zur Bedeutung von Kunst vor. Faszinierenderweise tut er das in Form eines extrem spannenden Romans. Zwischen dem Ich-Erzähler Anton, der das Fach Kunstphilosophie an der Kunsthochschule unterrichtet, und seinem Schüler Dius entsteht eine tiefe, lebenslang währende Freundschaft. Während wir ihrer Entwicklung folgen, reflektiert Hertmans die Frage nach der Bedeutung von Virtuosität und handwerklichem Können in der zeitgenössischen Kunst. Er geht der Frage nach, wie tief die Verstrickung von Kunstwerk und Künstler sein muss. Erwächst große Kunst aus Leid und Schmerz? Ist der künstlerische Ausdruck Folge von Genie oder von Leidenschaft? Daneben bringt uns Hertmans Liebe zu flämischer Malerei, Musik und Landschaft eine sonst wenig beachtete Region Europas näher. Grandios fand ich die Passagen, die sich mit der Zerstörung der Umwelt beschäftigen und mit großer Klarheit Fehlentwicklungen beschreiben. Die Vorstellung eines guten Lebens in diesem Roman: Freundschaft und gute Gespräche, tiefe Liebe und Seelenverwandtschaft mit einem Menschen, Natur, Einfachheit, Klarheit, Musik, Ästhetik. Eine Utopie, die uns heute nur guttun kann.