Enttäuschend

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pawlodar Avatar

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Zu der Unzahl bestehender Krimischauplätze rund um den Globus gesellt sich nun also noch eine fiktive Location, zwischen England und Skandinavien in der Nordsee gelegen: Doggerland. Es wird sich zeigen, welchen erzählerischen Mehrwert diese Erweiterung der literarischen Landkarte bietet. Zunächst einmal befriedigt die Autorin ihr Bedürfnis, an diesem erfundenen Gemeinwesen allerlei soziologische, politische und wirtschaftliche Entwicklungen durchzudeklinieren.
Hinsichtlich der Charaktere ist der Leser gespalten: die Mehrzahl der handelnden Personen bleibt weitgehend schemenhaft. Unsympathische Figuren sind sehr unsympathisch, der Rest ist indifferent. Allein die Hauptfigur Karen verfügt über ein etwas ausdifferenzierteres Profil, das bereits in der Eingangspassage des Romans deutlich wird: Sie ist nicht so alt, dass sie, gänzlich jenseits von gut und böse, als asexuelles Wesen durchgehen würde. Andererseits nicht mehr so jung, dass ihr der Leser ihr unüberlegtes Verhalten nachsehen könnte: die unter erheblichem Alkoholeinfluss verbrachte Nacht mit einem Kollegen, der ihr nicht einmal sympathisch ist.
Dass den eingeschobenen Rückblenden auf das Leben einer Hippie-Kommune im Sinne eines stringenten Handlungsaufbaus eine besondere Relevanz zukommt, wird dem Leser schnell klar. Allerdings wird im Verlauf des Romans auch eine Vielzahl blinder Motive eingeflochten, die nicht weiterführen.
Am ärgerlichsten ist allerdings der schlampige Sprachgestus, der vermutlich dem Übersetzer anzukreiden ist: ein klappernder Satzbau, wenn nach einem Einschub vor dem Satzende nur noch ein Wort kommt, wenn der gleiche Pleonasmus der ‚weiblichen Polizistin‘ gleich mehrfach auftaucht, wenn vollkommen falsche Wörter verwendet werden, etwa, wenn ein Korken aufgedreht wird.
Die Auflösung ähnelt von der Konstruktion her einem typischen Plot eines Schauerromans aus dem 19. Jahrhundert. Wie ein deus ex machina taucht eine weitere Person aus dem Nichts auf, auf der plötzlich die gesamte Entwicklung der Handlung ruht.
Quintessenz: eine rundherum ärgerliche Lektüre, pure Zeitverschwendung. Eine mühsam zusammengestoppelte Handlung, eine Sprachfassung gänzlich unter Niveau, vollkommen uninteressante, weil stereotype Charakterzeichnung. Warum ein fiktiver Schauplatz, Doggerland, bemüht werden muss, um über 500 Seiten diesen Roman in Gang zu halten, bleibt absolut unerfindlich.